Rede von Kordula Schulz-Asche Regierungserklärung zum Coronavirus
Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich, auch im Namen des ganzen Hauses, den Menschen, die bereits erkrankt sind, gute Besserung wünsche – dass die Menschen, die in Quarantäne sind, bald diese Situation verlassen können. Danken wir gemeinsam den Menschen, die im Gesundheitswesen, in Heimen, in Arztpraxen, in Krankenhäusern, in den öffentlichen Gesundheitsämtern dafür kämpfen, dass wir es – alle zusammen – schaffen, diese Epidemie aufzuhalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN und der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])
Die Menschheit hat Jahrtausende unter Epidemien gelitten, war völlig hilflos. Heute haben wir im Umgang mit Infektionskrankheiten scharfe Schwerter: Wir haben die Wissenschaft, wir haben staatlich organisierten Infektionsschutz, beginnend mit dem sehr starken Robert-Koch-Institut und seiner wissenschaftlichen Expertise
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
bis runter auf die Gesundheitsämter – da komme ich noch einmal drauf –, die sich lokal im Infektionsschutz für die Bevölkerung engagieren. Und wir haben Impfungen – auch wenn wir bei Corona jetzt noch keinen Impfstoff haben –, die dafür sorgen, dass wir einen breiten Schutz vor Infektionskrankheiten haben in unserem Land. Deswegen gibt es keinen Grund zur Panik. Es gibt aber Anlass zu umfassender Vorsicht und zum Handeln.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Bärbel Bas [SPD])
Das Ziel im Moment – es kann sich immer ändern – heißt, die schnelle Ausbreitung dieser Epidemie zu verlangsamen, zu verhindern; das ist im Moment das, was im Vordergrund steht. Aus unserer Sicht macht die Bundesregierung hier im Moment vieles richtig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Sie handelt besonnen, sie handelt, wie ich sagte, richtig, und sie handelt – da können wir uns als Mitglieder des Bundestages nicht beklagen – ausgesprochen transparent: Über alle Schritte sind wir in der letzten Zeit bestens informiert worden. Wir wissen, auch die anderen Akteure – wie die Länderminister, wie die Gesundheitsämter, die anderen beteiligten Stellen – wissen genau, was der aktuelle Stand ist und was unternommen wurde.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)
Es ist übrigens Teil der Panikmache, dass der Eindruck erweckt wurde, man hätte das alles viel früher machen müssen. Wir haben gesehen, dass es in Bayern mit den Mitteln unseres Infektionsschutzes gelungen ist, diese erste Situation in den Griff zu bekommen, ohne dass es andere Infektionen gegeben hat. Auch seit der Häufung in Nordrhein-Westfalen, wo wir eben nicht mehr genau wissen, wie der Infektionsweg verlaufen ist, hat diese Bundesregierung alles richtig gemacht: Sie hat den Krisenstab einberufen, sie hat die Aufklärung hochgefahren, sie hat die Abstimmung zwischen Ländern, Kommunen und den Gesundheitsämtern, auch mit der EU, verstärkt, und sie hat das RKI ganz stark in den Fokus gestellt, sowohl zur Information der Bevölkerung als auch zur Begleitung dieser Epidemie.
Dorthin können sich übrigens alle wenden, die Fragen haben. Gehen Sie auf die Seite des Robert-Koch-Instituts, wenn Sie wissen wollen, wie der aktuelle Stand der Epidemie ist. Gehen Sie auf die Seite der BZgA, wenn Sie das einfacher erklärt haben möchten, weil Sie vorher vielleicht den Eindruck hatten, dass das etwas zu schwierig ist. Wenden Sie sich an die zuständigen Gesundheitsämter vor Ort, oder wählen Sie 116117, wenn Sie nicht genau wissen, wie Ihr Gesundheitszustand ist.
Was ich beim Gesundheitsminister auch loben möchte, ist die Tatsache, dass er die kritischen und die problematischen Punkte nicht ausspart und auch die Schwachstellen benennt:
Das fängt damit an, dass Notfallpläne natürlich geübt werden müssen. Ansonsten funktionieren sie nicht auf Anhieb. Das ist in der Vergangenheit vernachlässigt worden.
Dazu gehört – daran sind übrigens alle Parteien beteiligt –, dass man den Öffentlichen Gesundheitsdienst in den letzten Jahren nicht ausreichend personell ausgestattet hat, nicht ausreichend finanziell ausgestattet hat und nicht ausreichend mit Verantwortung ausgestattet hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Hilde Mattheis [SPD])
Dazu gehört auch der Mangel an Fachkräften – das ist hier schon angesprochen worden –, und zwar im gesamten Gesundheitswesen, ganz besonders in der professionellen Pflege, dem Bereich, der am meisten mit den erkrankten Menschen zu tun hat, der einen besonderen Schutz braucht und dem wir besondere Aufmerksamkeit widmen müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist das Thema Schutzausrüstung so unglaublich wichtig. Ich möchte mich ausdrücklich auch dafür bedanken, dass das Thema „Schutzausrüstung von Gesundheitspersonal“ im Fokus steht. Ich freue mich, dass seit heute Morgen wirklich aktiv an dieses Thema herangegangen wird.
Das alles sind Sachen, die erst hochgefahren werden müssen, und man kann nicht sagen, dass die Regierung hier versagt hat.
Ich möchte an diejenigen appellieren, die sich durch Hamsterkäufe mit Infektionsmitteln eindecken oder diese sogar aus den Krankenhäusern stehlen. Was sind denn das für Leute? Es geht im Moment doch nicht um Egoismus, sondern es geht um gemeinschaftliche Solidarität. Man kann Infektionskrankheiten nur mit Solidarität und nicht mit Einzelkämpfermethoden bekämpfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Wir leben in einer globalisierten Welt, und die Tatsache, dass viele Arzneimittelbestandteile fast nur noch in China hergestellt werden, ist tatsächlich ein Problem; das ist aber nicht erst seit Corona bekannt. Gerade für lebensnotwendige Medikamente, für Antibiotika, für Impfstoffe brauchen wir eine europäische Produktion.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir erwarten von der Bundesregierung, dass die EU-Ratspräsidentschaft dazu genutzt wird, dass die lebensnotwendigen Arzneimittel endlich wieder in Europa produziert werden, damit sich solche Fälle nicht wiederholen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir brauchen – das ist hier auch ganz wichtig – eine internationale Zusammenarbeit im Bereich der Impfstoffproduktion. Wir haben gehört, dass im Haushaltsausschuss gerade parallel die Aufstockung der Finanzmittel läuft, damit unter anderem die Bemühungen, einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln, unterstützt werden.
Das alles können wir nur begrüßen. Es kommt auf die Zusammenarbeit und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt an. Ich finde, dass man jetzt hier tatsächlich die Interessen der Bevölkerung in den Vordergrund stellen sollte und nicht seine Partikularinteressen als Partei oder als irgendwas.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Sabine Dittmar, SPD.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)