Rede von Katharina Dröge Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und zum Europäischen Rat

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14.12.2022

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, gerade in diesen Tagen zeigt sich, wie wichtig die Europäische Union ist, dass wir die EU dringlicher denn je brauchen. Sie, Herr Merz, haben ja gerade große Worte dazu gefunden, dass wir an einem Europa der Zukunft bauen müssen. Aber wenn man auf die Politik der CDU und CSU in Europa in den letzten Jahren zurückschaut,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: 16 Jahre! Da müssen Sie immer dran denken!)

dann stellt man fest: Es war gerade der Kurs von Wolfgang Schäuble, der Europa so gespalten hat,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist ja eine Unverschämtheit! Was fällt Ihnen eigentlich ein?)

der besserwisserische, belehrende Ton, den Wolfgang Schäuble, den die Union insbesondere gegenüber den Ländern Südeuropas an den Tag legten, dieser elende Kurs der Austeritätspolitik,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Elender Kurs?)

mit dem Sie viele südeuropäische Länder zur Privatisierung gezwungen haben, wichtige Investitionen verhindert haben. Das ist Ihr Erbe, und das hat Deutschlands Ruf bei unseren europäischen Nachbarländern schwer belastet; das ist Ihr Erbe in der Europapolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sie verspielen unsere Zukunft!)

Ja, wir arbeiten an einem Europa der Zukunft. Das ist wirklich harte Arbeit: 27 Mitgliedstaaten mit vielen unterschiedlichen Perspektiven, die jeden Tag miteinander um den besten Weg ringen, aber auch zeigen, dass sie handeln können.

Wir haben hart um harte Sanktionen gegen den Iran gerungen – ein Regime, das auf furchtbare Weise Terror gegen seine eigene Bevölkerung ausübt, das junge Menschen einsperrt, foltert und hinrichtet, nur weil sie es wagen, eine eigene Meinung zu haben, nur weil sie es wagen, von einem Leben in Freiheit zu träumen. Das auszuhalten, ist extrem schwer. Wir arbeiten jeden Tag daran, dafür zu sorgen, dass die Welt hinschaut. Wir arbeiten jeden Tag daran, es diesem Regime schwerer zu machen. Insbesondere die deutsche Außenministerin

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

war es doch, die dafür gesorgt hat, dass am Montag weitere Sanktionen in der Europäischen Union beschlossen wurden. Ganz persönlich: Herzlichen Dank, Annalena, dafür. Ich weiß, wie hart das ist, was du da gerade leistest.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

Herr Merz, wenn Sie den Iran hier zu Recht ansprechen, dann muss ich Ihnen sagen: Ich werde Ihnen persönlich nicht vergessen, dass Sie hier im Plenum gelacht haben, als die deutsche Außenministerin über feministische Außenpolitik gesprochen hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Lachen bei der AfD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Der hat zu Recht gelacht! – Zurufe der CDU/CSU)

Sie haben sich breitbeinig zurückgelehnt und haben das Thema nicht ernst genommen, als wir das auf die Tagesordnung gesetzt haben. Fangen Sie erst mal mit Ihrer eigenen Wertehaltung an, bevor Sie hier andere kritisieren.

(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])

Ja, wir ringen in Europa um die besten Antworten, zum Beispiel auch zum Umgang mit Orban. Es war schäbig, dass Orban ausgerechnet die Hilfen für die Ukraine genutzt hat, um die Europäische Union zu erpressen. Gut, dass sich eine Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht davon hat beeindrucken lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ja, es hätten noch mehr sein müssen, aber dass der Rechtsstaatlichkeitsmechanismus jetzt angewendet wird, das ist ein historisches Signal und zeigt, wozu die Europäische Union in diesen Zeiten fähig ist.

Wozu die Europäische Union fähig ist, hat sie insbesondere angesichts des furchtbaren Angriffskriegs, den Russland gegen die Ukraine führt, gezeigt. Wir haben zusammengestanden. Wir haben schnelle und harte Sanktionspakete auf den Weg gebracht, und gerade jetzt, in diesem Winter, der lang, dunkel und kalt wird für die Menschen in der Ukraine, ist es so wichtig, dass wir weiterhin mehr helfen, beim Thema „zivile Infrastruktur“ etwa mit Hilfsgütern, mit Generatoren, mit Heizgeräten, mit Containern. All das, was wir liefern können, um den Menschen in der Ukraine jetzt durch diese Zeit zu helfen, müssen wir liefern. Das heißt auch: Unterstützung mit Waffen. Das heißt auch: Unterstützung mit mehr Waffen. Das ist in dieser Zeit wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Herr Merz, angesichts Ihrer Worte über die Ukraine – sie waren am Anfang angemessen und empathisch – sage ich Ihnen auch: Solidarität mit der Ukraine zeigt sich auch im Umgang mit Geflüchteten,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

mit den Menschen, die hierher kommen, die unsere Hilfe brauchen. Dass die Union in dieser Zeit, in der so viele Menschen auf unsere Unterstützung angewiesen sind, immer wieder Kampagnen gegen Geflüchtete fährt, immer wieder Sharepics erstellt, wie es die CSU in dieser Woche gegen Geflüchtete gemacht hat,

(Zuruf der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])

über Sozialtourismus spricht, über Pull-Effekte spricht,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sie haben ja gar keine Vorstellung von dem, was Sie wollen!)

das ist unsolidarisch, auch gegenüber den Menschen aus der Ukraine. Das macht das Leben dieser Menschen hier schwieriger, und Sie haben hier auch Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])

Ja, wir brauchen die EU auch, um Antworten auf die großen geopolitischen Herausforderungen dieser Zeit zu geben, etwa den Umgang mit China und auch mit den USA. Der Inflation Reduction Act der USA ist eine krasse Ansage. Auf der einen Seite zeigen sie, wie man beim Klimaschutz Ernst machen kann, und auf der anderen Seite ist es eine Herausforderung für uns, weil diese Politik im Kern protektionistisch ist. Darauf müssen wir in der Europäischen Union eine Antwort geben.

(Zuruf von der AfD: Wo ist sie denn?)

Unser Ziel ist hierbei klar: Wir müssen Europa zum Leitmarkt für Zukunftstechnologien, für grüne Technologien machen. Das zu fördern, ist die beste Antwort, die wir auf den Inflation Reduction Act geben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Schulden wollen Sie machen, sonst nichts!)

Dazu gehört übrigens auch, unserer Industrie hier vor Ort zu helfen, fit zu werden für den klimaneutralen Markt der Zukunft.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Herr Merz, dieser Reflex, immer alles zu kritisieren, was die Regierung macht,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hat er doch gar nicht! Haben Sie eigentlich zugehört?)

und immer alles doof zu finden, nur weil es von der Regierung kommt, hat genau an dieser Stelle nicht funktioniert. Sie haben Herrn Habeck dafür kritisiert, dass wir jetzt Verträge mit der Industrie auflegen, damit sie auf Grünen Wasserstoff, auf eine klimaneutrale Stahlproduktion umstellen können.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Alles Wolkenkuckucksheim!)

Sie haben das kritisiert und schlecht gefunden und dabei sogar vergessen, dass es in Ihrem eigenen Bundestagswahlprogramm stand.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dieser Reflex, einfach nur alles doof zu finden, ist im Kern populistisch. Wer so handelt, ist im Kern nicht ernsthaft. Und ich wundere mich wirklich: Ich habe in den letzten Wochen von der Union mehr Sharepics gefunden zu irgendwelchen Leuten, die sich auf Straßen festkleben, als eine zukunftsgerichtete Antwort für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Sie hatten mal vor, eine Wirtschaftspartei zu sein. Im Kern haben Sie keine Antworten für die Zukunft unseres Landes,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

weder bei der klimaneutralen Wirtschaft noch beim Thema Fachkräftestrategie, wo Sie auch einfach gegen alles sind, was der Wirtschaft helfen würde, den Fachkräftemangel in diesem Land zu bekämpfen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Gott, wie verblendet Sie sind!)

Das ist keine ernsthafte Oppositionspolitik.

Die CDU hatte mal den Anspruch, eine staatstragende Partei zu sein. Momentan haben Sie sich in eine Populismusopposition zurückgezogen. Ich hoffe, Sie kriegen das in Zukunft wieder besser hin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was für eine peinliche Rede! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: So peinlich, wirklich! Eine so peinliche Rede! Da würde ich mich schämen!)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Tino Chrupalla.

(Beifall bei der AfD)