Rede von Jürgen Trittin Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und zum Europäischen Rat

Foto von Jürgen Trittin MdB
14.12.2022

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Dobrindt, ich glaube, Sie haben hier gleich mehrere Chancen verpasst.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie meinen Frau Dröge!)

Die erste Chance wäre gewesen, dass Sie sich hier für das unselige Sharepic entschuldigen, das ukrainische Flüchtlinge im Ankunftszentrum in Tegel zeigt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Solidarität mit der Ukraine heißt Solidarität mit den Menschen und heißt nicht, Politik zulasten von Geflüchteten aus der Ukraine zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die zweite Gelegenheit, die Sie verpasst haben: Sie hätten sich hier endlich mal für den Begriff der „Klima-RAF“ entschuldigen können.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Warum denn?)

Wissen Sie, warum ich das in dieser Woche sage? Weil wir gerade damit konfrontiert worden sind, was die wahre terroristische Herausforderung in diesem Lande ist, nämlich der bewaffnete Arm der Reichsbürger mit den Beziehungen zur AfD. Dazu gab es kein Wort von Ihnen, kein Sharepic, gar nichts! Das ist ein Messen mit doppelter Moral.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vielleicht sollten Sie, wenn wir über Europa sprechen, sich der Ernsthaftigkeit der Delegitimation infolge dieses jüngsten Korruptionsskandals stellen.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Na so was! Der CDU-Stadtrat, was ist mit dem?)

Ich hätte mir gewünscht, dass die CSU an der Stelle sagt: Ja, wir überdenken unsere Position noch mal. – Denn weiterhin dagegen zu sein, dass es eine Obergrenze für Bargeldzahlungen gibt, ist angesichts der Bargeldhaufen, die da gefunden worden sind, meines Erachtens genau die falsche Konsequenz aus diesem Skandal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Was ist mit der FDP eigentlich? Spannend! Wo ist der Applaus bei der FDP? Oh, schön! Tolle Regierung! Mensch! Ist ja super hier! Wahnsinn! Ist ja spannend!)

Wenn Sie mir schon den Gefallen tun, als CSU-Mitglied über Energiepolitik zu sprechen, dann erlaube ich mir die freundliche Frage: Wer hat die Situation herbeigeführt, dass, wie die deutschen Netzbetreiber festgestellt haben, wir zwar in Norddeutschland eine Überkapazität von Strom haben, wir nicht wissen, wohin damit, wir zum Teil dort Windparks abschalten müssen, aber in Bayern eine Mangellage droht? Ich kann Ihnen beantworten, wer dafür verantwortlich ist: Das ist der esoterische Einzelgang der CSU gewesen, die gewollt hat, dass dort keine Windenergie produziert wird und die jede Stromleitung aus dem Norden in den Süden blockiert hat. Wenn jemand ein energiepolitischer Geisterfahrer ist, dann ist es die CSU in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Thema verfehlt!)

Letzte Bemerkung. Meine Damen und Herren, das ist die traurige Wirklichkeit, die wir gelegentlich vorgefunden haben, als wir die Regierung übernommen haben.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wollen Sie noch was zu Europa sagen? Ihre Redezeit ist gleich vorbei!)

Auf die Frage, wie wir in Europa

(Zurufe von der CDU/CSU: Ah!)

mit dieser Situation umgehen, hat diese Bundesregierung eine Antwort gefunden. Wir sind diejenigen, die zum Beispiel mit dem Global Gateway es vorantreiben, dass in Namibia, in Chile im großen Stil die Erzeugung von erneuerbaren Energien und Wasserstoff ausgebaut wird. Aber wir gehen nicht nur hin und sagen: Wir machen dieses Neue. – Wir sichern auch die Energieversorgung für morgen. Das ist übrigens, wenn ich das sagen darf, nicht nur eine gute Nachricht für die Energieunabhängigkeit Deutschlands. Das zeigt an dieser Stelle auch und gerade ein partnerschaftliches Verständnis im Umgang mit Ländern wie Namibia. Das ist eine riesige Entwicklungschance für diese Länder.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber wir nehmen als G‑7-Länder auch viel Geld in die Hand, um gemeinsam mit anderen Ländern, beispielsweise Südafrika, deren Abhängigkeit von Kohle zu überwinden. Das ist unsere Antwort auf die Herausforderung, vor der dieses gemeinsame Europa angesichts einer drohenden Bipolarität der USA und Chinas steht. Diese Antwort gibt diese Bundesregierung. Dafür danke ich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Alexander Graf Lambsdorff.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)