Rede von Felix Banaszak Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht

Felix Banaszak MdB
26.01.2023

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Land hat im letzten Jahr bewiesen, was es kann, wie es in der Lage ist, mit exogenen Schocks umzugehen und Krisen zu bewältigen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Womit?)

Das ist ein großes Verdienst der Bürgerinnen und Bürger, die Gas und Energie eingespart haben. Es ist ein großes Verdienst der Unternehmen, die ihre Produktion umgestellt haben

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Und des Wetters!)

und die noch mehr Effizienz in ihre Prozesse gebracht haben. Es ist auch ein Verdienst der Mehrheit in diesem Bundestag und der Bundesregierung.

Aber wessen Verdienst das auf gar keinen Fall ist und wer nichts dazu beigetragen hat, das ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hä?)

Wir haben in den letzten Monaten eine Debatte nach der anderen darüber geführt, was mal getan werden müsste. Und als es dann hart auf hart kam, als es zum Schwur kam, nämlich das zu finanzieren, darzustellen, wie man eine Gaspreisbremse, eine Strompreisbremse, einen Härtefallfonds auch in einem Bundeshaushalt abbilden könnte, kam von Ihnen nichts.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn wir Ihren Anträgen gefolgt wären, dann hätten wir nicht das Signal an die Unternehmerinnen und Unternehmer und auch nicht an die Bürgerinnen und Bürger gesendet, dass dieser Staat sich darum kümmert, die Belastungen abzufedern und dadurch Mut und Zuversicht zu schaffen, diese Krise hinter uns bringen zu können.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nur ist die Sendung leider nicht angekommen!)

Gut, dass wir nicht auf Sie gehört haben!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Von der Sendung kommt ja nichts an!)

Meine Damen und Herren, „Wirtschaftspolitik“ hieß in den letzten Jahrzehnten unter Führung der Union im Kern, dass man günstig, billig – vermeintlich billig – fossile Energie aus Russland importiert, sich ansonsten möglichst zurückhält, hier und da ein paar Fördergelder verteilt und ansonsten hofft, dass die freien Kräfte des Marktes alles andere schon regeln.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das war Sigmar Gabriel, das stimmt! Das war seine Politik!)

Das Ergebnis dieser Politik ist nicht nur, dass wir uns verwundbar und abhängig gemacht haben von Diktatoren. Das Ergebnis ist auch, dass die sozialen Unterschiede in diesem Land größer geworden sind, dass die Ungleichheit gewachsen ist und dass wir in einem Zustand ökologischer Verwerfungen sind, der jetzt disruptives Handeln nötig macht, was wir nicht gebraucht hätten, wenn wir früher angefangen hätten, die Klimakrise entschieden zu bekämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Disruptives Handeln?)

Deswegen frage ich mich, wie es gelingen kann, als größte Oppositionsfraktion 13 Minuten plus Antwort auf eine Zwischenfrage zu haben und das Wort „Klimaschutz“ oder den Gedanken des Klimaschutzes nur im Kontext dessen zu erwähnen, wovon man weniger machen muss. Frau Klöckner, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, wir sollten mal dorthin gehen, wo Arbeitsplätze geschaffen werden, und nicht zur Windindustrie?

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nein!)

Habe ich Sie da gerade richtig verstanden? Sonst korrigieren Sie es gerne.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nein, das haben Sie falsch verstanden! Nicht nur, nicht entweder-oder!)

Denn dann muss man sich sagen: Hätte es nicht Peter Altmaier als Umweltminister gegeben, dann wären da vielleicht längst viel mehr Arbeitsplätze entstanden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

95 Prozent der Solarproduktion finden in China statt. Wenn man morgen über die Antwort auf den Inflation Reduction Act sprechen will, über Resilienz und europäische Souveränität, muss es einen doch wundern, dass man bewusst – nicht nur durch Nichtstun, sondern durch bewusstes Handeln – dazu beigetragen hat, dass Solarindustrie aus Deutschland abwandert, dass Wertschöpfung abwandert, die wir brauchen, um die Klimaziele zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und es ist mir unbegreiflich – ich muss es so deutlich sagen –, wie man als Bundesregierung erst das Pariser Klimaabkommen ratifizieren kann und dann allein die Füße hochlegt.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer bricht denn das Klimaschutzgesetz am laufenden Band? – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ihr fahrt doch die Kohle hoch!)

Immer muss etwas anderes gemacht werden: Klimaschutz, ja, Mensch, da müsste man sich ja wirklich mal drum kümmern. Aber erst mal ist noch anderes zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Klimaschutzgesetz einhalten, wie wäre das denn? – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Kontrolliert ihr noch die Einhaltung der Klimaziele nach Klimaschutzgesetz? Da macht ihr ja gar nichts mehr!)

Ich bin vor einigen Wochen Vater geworden,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Glückwunsch!)

und ich habe die naive, die romantische Vorstellung, dass mein Kind und vielleicht auch meine Enkel mal auf einem Planeten leben, auf dem Wirtschaften im Einklang mit planetaren Grenzen gelingt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Bernd Westphal [SPD])

Aber damit das in der Zukunft gelingt, müssen wir jetzt endlich den Hebel umlegen. Das Zeitfenster, in dem wir die Emissionen mindern müssen, um in der Zukunft noch freiheitlich wirtschaften, arbeiten und handeln zu können, schließt sich zunehmend. Deswegen muss das Jahr nicht nur ein Jahr der Industrie werden, sondern es muss ein Jahr der industriellen Transformation werden, damit wir nicht nur morgen, sondern auch in 10 und in 20 Jahren auf einem lebenswerten Planeten wirtschaften können.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Deswegen: Kernkraftwerke laufen lassen! Sehr guter Ansatz!)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Hansjörg Durz.

(Beifall bei der CDU/CSU)