Rede von Beate Walter-Rosenheimer Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr

02.03.2018

Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! Es gibt viele Emotionen bei diesem Thema. Ich möchte noch einmal klarstellen, über was wir sprechen: Es geht um die Rekrutierung Minderjähriger, nicht um Kindersoldaten. Das ist uns klar.

(Beifall der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

– Danke; gerne klatschen. – Es geht schlicht darum, dass wir für die Einhaltung des Ziels Straight 18 plädieren. Das bedeutet, dass keine Minderjährigen in der Bundeswehr verpflichtet werden, klar und ohne Ausnahmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir wollen, dass der Militärdienst erst ab 18 Jahren aufgenommen werden kann. Punkt! Damit wenden wir uns nicht gegen die Bundeswehr, sondern setzen uns für Minderjährige ein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Davon spricht unser Antrag, und davon spricht der Antrag der Linken.

Es ist uns natürlich völlig klar, dass wir nicht über Kindersoldaten im klassischen Sinn sprechen, die aufgrund ihrer Armut zum Militär gehen müssen, die in Kriegen eingesetzt werden. Wir sind in Deutschland glücklicherweise in der Lage, dass Kinder in diesem Alter in die Schule gehen und in Frieden leben.

Trotzdem sprechen wir heute über Jugendliche, die unter 18 Jahre alt sind und sich bei der Bundeswehr verpflichten. Wir sehen das kritisch. Die Bundeswehr ist eben kein Arbeitgeber wie alle anderen auch; denn junge Menschen werden dort zum Dienst an der Waffe ausgebildet. Das macht einen Unterschied.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Gerade wenn es um so wichtige und weitreichende Entscheidungen wie die Verpflichtung bei der Bundeswehr geht, sind sich Jugendliche über die Konsequenzen oft nicht bewusst. Das zeigt auch die hohe Abbrecherquote. Circa ein Viertel der Freiwilligen quittiert vorzeitig den Dienst.

Fakt ist aber natürlich auch – das weiß ich –: Die Bundeswehr hat seit der Aussetzung der Wehrpflicht ein Nachwuchsproblem und steht in Konkurrenz mit Ausbildungsbetrieben, Fachhochschulen und Universitäten. Wir haben nun aber die Situation – das haben wir heute oft gehört –, dass sich die Zahl der Minderjährigen bei der Bundeswehr seit 2011 mehr als verdreifacht hat; das zeigt auch der aktuelle Bericht des Wehrbeauftragten. Das ist in unseren Augen keine gute Entwicklung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir haben in den letzten Jahren viel darüber gehört – Norbert Müller hat das auch gesagt –, dass auf allen möglichen Kanälen sehr viel für die Bundeswehr geworben wurde, dass unter 18-Jährige angeworben wurden, dass es Abenteuercamps gab, die Lust auf eine Ausbildung machen und diese in schönen Farben schildern. Es gab auch gezielte Werbung in Schulen, wo Videos gezeigt wurden, die die Ausbildung als schön darstellen. Es ist aber wenig über die Aufgabe und die Pflichten, die ein Soldat oder eine Soldatin dann wirklich hat, gesagt worden.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: So ist es!)

Ich sage das als Tochter eines Soldaten; ich bin als Soldatenkind aufgewachsen: Es ist ja mehr als das, was in der Werbung schön aussieht.

Eine militärische Ausbildung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eben kein Dschungelcamp, kein Computerspiel, sondern eine ernste Angelegenheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Kerstin Vieregge [CDU/CSU]: Das stimmt!)

Auch die Berichte über die Häufung von sexueller Belästigung und rechtsextremen Strömungen sowie gewaltvollen Initiationsriten deuten doch – das sage ich als Mutter von fünf Kindern – nicht auf ein passendes Umfeld für Minderjährige hin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

So klar ich sehe, dass sich die Bundeswehr um Nachwuchs bemühen muss, und so wenig ich eine schlechte Absicht unterstelle – auch wir als grüne Fraktion haben ein Interesse daran, unsere Parlamentsarmee zu unterstützen –, so sehr appelliere ich immer und immer wieder, junge Menschen bei der Bundeswehr erst unter Vertrag zu nehmen, wenn sie 18 Jahre alt sind.

Ich plädiere für eine klare Haltung. Dann ist die Bundesregierung im Kampf gegen Kindersoldaten glaubhaft, weil sie selbst konsequent handelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Tobias Pflüger [DIE LINKE])

Wenn das in anderen Ländern wie zum Beispiel in Irland geht – das haben wir gehört –, dann müssen wir nicht hinterherhinken. Lassen Sie uns klare Kante zeigen: kein Kind, kein Jugendlicher in die Armee, weder in Deutschland noch anderswo. Damit würde die Regierung die klare Haltung zeigen, die sie sich von ihrer Truppe immer wünscht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)