Dr. Till Steffen
19.10.2023

Dr. Till Steffen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Extremisten haben auf der Richterbank nichts zu suchen. Deswegen ist es absolut richtig, dass die Ampelkoalition jetzt diesen Gesetzentwurf einbringt und wir hier für eine klare Regelung sorgen.

Zum richtigen Inhalt hat Herr Buschmann alles Erforderliche gesagt. Ich möchte aber, dass wir uns bei dieser Gelegenheit gleichzeitig auch Gedanken machen, wie wir dafür sorgen können, dass noch mehr verfassungstreue Bürgerinnen und Bürger tatsächlich bereit sind, als Schöffinnen und Schöffen zu kandidieren und dieses Amt wahrzunehmen.

Herr Heveling hat einen schon lange diskutierten Punkt angesprochen. Ich möchte dafür werben, dass wir uns gleichzeitig auch an anderer Stelle darüber Gedanken machen, ob die Lebenswirklichkeit ausreichend abgebildet wird. Ich möchte, dass wir darüber nachdenken, ob die Verlängerung der Amtsperiode auf fünf Jahre eigentlich dazu angetan ist, gerade jüngere Menschen, bei denen sich häufiger mal etwas tut – vielleicht ein Wohnortwechsel ansteht –, für dieses Amt zu gewinnen. Eine Verkürzung der Amtsperiode könnte ein Beitrag sein, mehr Schöffinnen und Schöffen zu gewinnen.

Gleichzeitig meine ich, dass wir darüber nachdenken sollten, ob wir EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die ja ganz selbstverständlich Normen unterworfen sind und an vielen Stellen auch mitwirken dürfen, nicht auch hier einbeziehen können. Auch das würde dazu beitragen, dass die abgebildete Lebenswirklichkeit auf der Richterbank entsprechend vielfältiger wird, wie es ja auch auf der anderen Seite tatsächlich ausschaut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sonja Eichwede [SPD])

Das könnten Beiträge sein. – Und ich glaube, wir sollten noch intensiver werben. Dazu könnte auch ein bundesweit einheitlicher Wahltag beitragen; das ist bislang ja nicht der Fall. Ich möchte Sie alle noch mal sehr herzlich darum bitten, dafür zu werben, dass Menschen sich für diese Aufgabe bereitfinden, um das Ziel zu erreichen, dass hier am Ende verfassungstreue Bürgerinnen und Bürger tätig werden und nicht Extremisten ein Einfallstor in die Rechtsprechung haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Aber das ist ja nur der eine Schritt. Herr Buschmann hat das richtig gesagt: Wir haben weiter gehende Regelungen für Berufsrichterinnen und Berufsrichter. Aber wir haben auch Beschlüsse der Justizministerkonferenz. Mit dem Fall des Richters Maier in Sachsen, der zeitweilig auch diesem Haus angehörte, stand tatsächlich mal der Ernstfall an, und es stellte sich die Frage: Gelingt es denn wirklich, durchzusetzen, dass Extremisten nicht weiter Richter sein dürfen? Es ist tatsächlich so, dass wir durchaus scharfe Schwerter haben, aber wir müssen sie zum Teil noch ein bisschen nachschärfen.

Die Maßstäbe sind also klar, aber die Verfahren sind häufig nicht dafür geeignet, dass der Anspruch, den das Gesetz erhebt, auch wirklich durchgesetzt werden kann. Da gibt es ganz konkrete Punkte, die die Justizministerkonferenz gefordert hat. Wir fassen das Richtergesetz bei dieser Gelegenheit an, und wir sollten hier dafür sorgen, dass auch Berufsrichterinnen und Berufsrichter keine Extremisten sind und uns die entsprechenden Instrumente dafür zur Verfügung stehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Da wir ja unter Umständen gleichzeitig ein beamtenrechtliches und ein dienstrechtliches Verfahren sowie eine Richteranklage beim Bundesverfassungsgericht haben, ist eine Frage, die ich stellen will, ob die Fristen an dieser Stelle eigentlich miteinander harmonieren, damit tatsächlich wirklich von allen Instrumenten Gebrauch gemacht werden kann. Das ist ein Punkt, den die Justizministerkonferenz sehr stark gemacht hat.

Ein weiterer Punkt, der Ihnen aus der Debatte, die wir vorhin im Hinblick auf Soldatinnen und Soldaten geführt haben, vertraut erscheint, ist die Fragestellung: Was ist denn während des Laufes eines solchen Verfahrens? Werden dann in vollem Umfang die Bezüge weitergezahlt, oder können wir eine vorläufige teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge vornehmen? – Auch eine solche Einbehaltung könnte ein Beitrag zu effektiveren Maßnahmen sein.

Deswegen: Insgesamt muss das Ziel sein, dass Extremisten nicht auf der Richterbank sitzen, kein Recht über unsere Bürgerinnen und Bürger sprechen. In diesem Sinne freue ich mich sehr auf den Beratungsprozess im Ausschuss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die AfD hat Fabian Jacobi das Wort.

(Beifall bei der AfD)