Rede von Lisa Paus Risikoreduzierung im Bankensektor

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08.10.2020

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gute Regulierung und eine starke Risikovorsorge sind essenziell. Das wird uns gerade derzeit, in der Coronakrise, wieder deutlich vor Augen geführt. Auch wenn heute die Folgen für die Realwirtschaft, zum Beispiel die Höhe der Zahl der Insolvenzen und andere Dinge, noch lange nicht absehbar sind und damit natürlich auch nicht die Zweitrundeneffekte auf das Finanzsystem wie Wertberichtigungen, Kreditausfälle etc.: Es ist beruhigend, zu wissen, und es hilft uns in dieser Krise, dass die deutschen Banken heute wegen besserer Regeln in puncto Eigenkapital viel besser aufgestellt sind als vor der Finanzkrise vor zehn Jahren, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So ist die durchschnittliche Kernkapitalquote von kleinen und großen, systemrelevanten Banken seit 2008 von Werten um die 8 Prozent auf inzwischen rund 17 Prozent gestiegen. Das ist gut; denn das verfügbare Eigenkapital bestimmt entscheidend, ob und wie das Bankensystem ungünstige makroökonomische Entwicklungen abfedern kann, ohne die Kreditvergabe einschränken zu müssen.

Schaut man sich die ungewichtete Eigenkapitalausstattung an, also das Kernkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme und nicht zu den risikogewichteten Aktiva: Da gibt es allerdings deutliche Unterschiede. So haben die systemrelevanten Banken ihre ungewichtete Eigenkapitalquote seit der Finanzkrise zwar von rund 2 Prozent auf 5 Prozent aufgestockt; aber sie liegen damit immer noch deutlich unter der Quote von Kreditgenossenschaften und Sparkassen von rund 9 Prozent und ungefähr auf dem Niveau, mit dem die kleinen Banken damals in die Finanzkrise gestartet sind.

Hinzu kommt, dass bei der Abwicklungsfähigkeit besonders von großen, grenzüberschreitend tätigen Banken im Krisenfall immer noch große Lücken bestehen. Mit anderen Worten: Es ist immer noch so: Manche Banken sind „too big to fail“. Zu diesem Ergebnis kommt insbesondere das internationale Financial Stability Board in seiner großangelegten Studie zu dieser Frage im vergangenen Jahr.

Den Ansatz dieses Gesetzes finden wir als Grüne deshalb genau richtig: Zur Stärkung der Proportionalität sollen die kleinen und risikoarmen Banken entlastet werden; bei großen Banken sollte die Regulierung hingegen angezogen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Das mit der Entlastung hat unserer Ansicht nach schon ganz gut geklappt, anders als es von anderen Rednern heute gesagt wurde. Kleine Banken wie Sparkassen und Genossenschaften werden mit diesem Gesetz von der Bürokratieflut spürbar entlastet, und Landesförderbanken werden von dem Anwendungsbereich der europäischen Bankenregulierung befreit. Das stabilisiert den deutschen Bankenmarkt zusätzlich, und das finden wir gut, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Risikoreduzierung bei den großen, systemrelevanten Banken ist hingegen wieder einmal auf halbem Wege stecken geblieben. Zwei kurze Beispiele:

Erstens wird zwar endlich eine absolute Schuldenbremse für Banken eingeführt, wie wir Grünen es seit Langem fordern. Das heißt, deutsche Banken müssen fortan zwingend mindestens 3 Prozent echtes Eigenkapital im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme vorweisen. Diese Verschuldungsobergrenze ist aber deutlich zu niedrig. Für einen widerstandsfähigen Bankensektor brauchen wir mindestens 10 Prozent echtes Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme. Das muss das Ziel sein, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens fehlen außerdem – –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es fehlen harte Vorgaben zur Begrenzung der Risiken im Schattenbanksektor, und auch das müssen wir ändern.

Es gibt weiterhin viel zu tun. Wir werden den Prozess konstruktiv begleiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Johannes Schraps, SPD, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)