Rede von Frank Bsirske Sanktionsmoratorium

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13.05.2022

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Abgeordnete! Wie mit Sanktionen beim Bürgergeld verfahren wird, werden wir in der Ampel in den kommenden Monaten konkretisieren.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Aha!)

Den vorliegenden Gesetzentwurf wollen die Ampelfraktionen dahin gehend ändern, dass für die Dauer von zwölf Monaten bei Meldeversäumnissen erst nach mehrfach ausgebliebener Mitwirkung der Hartz‑IV-Satz um bis zu 10 Prozent unterschritten werden kann. Sanktionen bei Pflichtverletzungen bleiben ausgesetzt.

Dass Sanktionen nachgeholt werden können, trifft nicht zu, liebe Jessica Tatti. Sie haben in manchem recht, an diesem Punkt nicht.

(Jessica Tatti [DIE LINKE]: Damit habe ich auch recht!)

Wir werden zweifelsfrei rechtlich klarstellen, dass dem auch so ist, wie ich es Ihnen sage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das steht aber so nicht im Gesetzentwurf drin! – Jessica Tatti [DIE LINKE]: Steht aber im Gesetz anders drin!)

Wie sich diese Änderungen der Sanktionspraxis auswirken, soll evaluiert werden. Tatsächlich liegt bis heute kein Nachweis vor, dass die Sanktionspraxis einen Beitrag zur nachhaltigen und langfristigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt leistet.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nachgewiesen ist hingegen, dass viele Sanktionen zu Unrecht ausgesprochen und von den Sozialgerichten zurückgewiesen werden. Im Jahr vor Corona waren 30 Prozent der Widersprüche und 36 Prozent der Klagen gegen Sanktionen im SGB II erfolgreich. Die vielen und offenbar ja auch gerechtfertigten Rechtsstreitigkeiten binden jede Menge Personal, das dann für Beratung und Vermittlung nicht zur Verfügung steht, weshalb der Deutsche Sozialgerichtstag zu dem Schluss gekommen ist, dass Sanktionen ein Ausdruck von Überforderung der Leistungsträger sind und nicht vor allem Folge individueller Pflichtverletzungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir ziehen daraus den Schluss, dass nicht Sanktionen, nicht die Praxis von Androhung und Bestrafung die Arbeit in den Jobcentern bestimmen dürfen, sondern die Vereinbarung fairer Spielregeln sowie Motivierung und Bestärkung der Arbeitsuchenden. Es gilt, das Fallmanagement in den Jobcentern zu verbessern, Arbeitsuchenden passgenaue Hilfen und garantierte Angebote zu Qualifizierung und Weiterbildung zukommen zulassen, also Hilfen, die individuell auf sie zugeschnitten sind, sowie das Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Maßnahmen zu stärken. Das auszugestalten und so mit dem Bürgergeld das Hartz‑IV-System zu überwinden, ist unser Ziel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank, Frank Bsirske. – Als letzter Redner in dieser Debatte erhält das Wort Dr. Markus Reichel für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)