Rede von Sabine Grützmacher Sanktionsstrafrecht

Sabine Grützmacher MdB
22.09.2022

Sabine Grützmacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nach dem 24. Februar eine EU erlebt, wie wir sie uns oft wünschen: schnell und vereint. Mit gemeinsam verabschiedeten Sanktionen haben wir die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen nach Russland beschnitten, Oligarchen und ihr Privatvermögen sanktioniert und den wirtschaftlichen Druck auf Russland erhöht. Das ist unsere europäische Antwort auf Brutalität und auf Völkerrechtsbruch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Doch Verstöße gegen Sanktionsauflagen werden in der EU in einigen Ländern derzeit teilweise noch nicht, wenig effektiv oder extrem unterschiedlich geahndet. Das liegt unter anderem an großen Unterschieden beim Vollzug der Sanktionen. Zwei EU-Länder ahnden Verstöße gegen Sanktionsauflagen bislang nicht als Straftaten, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeiten. Auch das Strafmaß weicht teilweise erheblich voneinander ab. Die europäische Einigkeit beim Ob brauchen wir jetzt auch beim Wie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Höchststrafsätze bei Sanktionsverstößen liegen zum Beispiel weit auseinander – zwischen 1 200 Euro und 500 000 Euro –; hier braucht es dringend eine Harmonisierung. Systematische Sanktionsumgehungen müssen jedoch nicht nur geahndet, sondern auch besser erkannt werden. Wer also „Erweiterung des Artikels 83“ sagt, muss auch „effektive Sanktionsdurchsetzung“ sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Ungeklärte Besitzverhältnisse müssen aufgedeckt und aufgeklärt werden. Die Verschleierung der Herkunft von Vermögen muss verhindert werden. Um greifbare Fortschritte zu erreichen, müssen Ermittlungskompetenzen und ‑prozesse und deren Rechtsgrundlagen klar definiert und verfassungs- und datenschutzrechtlich abgesichert sein. Und eines muss an dieser Stelle auch gesagt werden: Das gilt auch für den Einsatz von Software im Ermittlungsbereich.

Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I haben wir in Deutschland Regelungslücken auf der Vollzugsebene geschlossen, um der effektiven Sanktionsdurchsetzung nachzukommen. Diese umfasst auch eine strafbewehrte Anzeigepflicht für gelistete Personen. Weitere wichtige Punkte wie die Schnittstelle zur Geldwäschebekämpfung werden im Sanktionsdurchsetzungsgesetz II adressiert. Wir arbeiten hier Seite an Seite, auf europäischer wie auf nationaler Ebene, an rechtsstaatlich sicheren, aber spürbaren Antworten auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins.

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf kommen wir also unserer Integrationsverantwortung nach und ermöglichen unserem Vertreter in Brüssel, dem Vorschlag zuzustimmen und den Bereich des Sanktionsstrafrechts in der EU einer Mindestharmonisierung zuzuführen, und wir schaffen die Grundlage für eine Harmonisierungsrichtlinie, die künftig den Rahmen der Straftatahndung in diesem Bereich festlegen soll.

Auch die Anhörung im EU-Ausschuss wird sich am Montag mit der Frage beschäftigen, wie wir an weiteren Harmonisierungen der Straftatbestände in der EU effektiv mitarbeiten können. Der Ratsbeschluss wird einen wichtigen Grundstein legen. Die Inhalte der Harmonisierungsrichtlinie werden in Brüssel in der entsprechenden Ratsarbeitsgruppe bereits diskutiert. Sie können aber erst beschlossen werden, wenn Deutschland diesem Ratsbeschluss zustimmt.

Die Teilmobilmachung ist eine deutliche Absage Russlands an Verhandlungen. Umso entschlossener sollten wir deswegen Seite an Seite mit der Ukraine stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Unser Go für die Erweiterung von Artikel 83 AEUV ist somit ein deutliches Go, eine deutliche Unterstützung für die europäische Antwort für geeinte Straftatbestände.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Die Kollegin Catarina dos Santos-Wintz hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)