Rede von Stefan Schmidt Schaustellergewerbe und Zirkusse

Foto von Stefan Schmidt MdB
19.01.2023

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Monaten bin ich auf diese Schlagzeilen gestoßen: „Neuer Rekord im Weihnachtscircus“, „Weihnachtsmärkte 2022: Zufriedene Bilanz der Schausteller“ oder „Besucherrekord bei der Kirmes“. Auch wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, wird klar: Nach dem langen Coronastillstand konnten viele touristische Attraktionen an die guten Bilanzen von 2019 anschließen und sie in manchen Fällen sogar übertreffen. Volksfeste, Jahrmärkte und Zirkuszelte boomen. Der Neustart nach Corona ist geglückt, und das auch dank der großzügigen Hilfen und der Unterstützung von politischer Seite. Das sagen mir die Tourismusbetriebe regelmäßig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich habe mich deswegen über den Antrag von CDU und CSU wirklich gewundert. Zum Beispiel fordert die Union mehr Rechtssicherheit für Öffnungen. Abgesehen davon, dass der Bund gar nicht zuständig ist: Seit dem Frühjahr 2022 sind die Coronabeschränkungen doch schrittweise und inzwischen längst vollständig weggefallen. Die Forderung hat also nicht nur den falschen Adressaten, sie kommt auch mindestens ein Jahr zu spät; Frau Poschmann hat es schon angesprochen. Das zeigt ein weiteres Mal, dass CDU und CSU zu gerne in der Vergangenheit verharren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Der Neustart nach der Coronakrise ist der Branche gut gelungen. Die wahren Krisen, in denen die Schausteller, die Marktkaufleute, die Veranstaltungsbranche und alle anderen im Tourismus jetzt stecken, sind doch ganz andere. Die Wirtschaft kämpft mit den hohen Energiepreisen, sie kämpft mit der Inflation. Die Fahrgeschäfte zum Beispiel brauchen häufig viel Energie. Das aber blendet die Union in ihrem Antrag fast vollständig aus; sie verschließt mal wieder die Augen vor der Realität.

Die Fortschrittskoalition hingegen packt die Krise bei den Hörnern. Wir haben eine Energiepreispauschale und einen Heizkostenzuschuss ausbezahlt. Wir haben die EEG-Umlage abgeschafft. Wir übernehmen den Dezemberabschlag. Wir haben eine Energie- und Strompreisbremse eingeführt, und auch für Härtefälle haben wir eine Regelung gefunden. Das alles sind wirksame Maßnahmen, damit die Unternehmen auch durch diese Krise kommen und damit den Menschen trotz steigender Preise noch Geld übrig bleibt, um es sich mit der Familie auf dem Volksfest gut gehen zu lassen. Wir in der Ampelkoalition haben also dazu beigetragen, dass die meisten aus der Branche das vergangene Jahr mit einem Plus und einem optimistischen Fazit abschließen konnten.

Neben der akuten Krise beschäftigt die Unternehmen nach wie vor eine Dauerkrise: der Personalmangel. Nachdem ich von der Union zu dem Thema ganz andere Forderungen und Töne gewohnt bin, war ich doch etwas verwundert: CDU und CSU wollen – ich zitiere – „schnelle und unkomplizierte Einreisen“ von Arbeitskräften aus Drittstaaten.

(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Schön, dass Sie das endlich einsehen! Genau das planen wir in der Ampelkoalition mit der Reform des Einwanderungsrechts. Ich gehe also schwer davon aus, dass die Union konstruktiv an den parlamentarischen Beratungen in diesem Jahr mitwirken wird. Gleich morgen früh haben Sie die erste Gelegenheit dazu, wenn wir hier über die Fachkräftestrategie der Bundesregierung sprechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller Krisen ist meine Wahrnehmung: Die Bierzelte sind voll, die Glühweinstände waren gut besucht, und in den Zirkussen schwingt man sich auf zu neuen Höhen. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass auch 2023 ein gutes Jahr für Volksfeste und Jahrmärkte, für unsere Schausteller und Marktkaufleute wird. Den Antrag braucht es dafür nicht. Wir werden ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. – Als Nächstes hat das Wort die Kollegin Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)