Rede von Dr. Danyal Bayaz Schlußbericht Enquete Künstliche Intelligenz

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05.11.2020

Dr. Danyal Bayaz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Schönen guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gerade gehört: Wir reden auch über ethische Aspekte in der KI; das war zu Recht Schwerpunktthema in der Enquete-Kommission. Ethik ist wichtig.

Wenn eine neue Technologie aufkommt, dann wirkt ja manchmal die normative Kraft des Faktischen. Es ist eine Wette – diese Wette kann gut ausgehen; sie kann aber auch schlecht ausgehen –, und ich finde, wir sollten uns dieser Wette nicht einfach ausliefern. Nur wenn wir selbst gestalten, sind wir in der Lage, Normen zu setzen: Normen, an denen sich andere orientieren, vielleicht sogar orientieren müssen; Normen, die mit unseren Werten vereinbar sind.

Wenn wir beispielsweise an China denken und die Entwicklungen dort für bedenklich halten, dann reicht es nicht, nur darüber zu klagen, dann reicht es nicht, die beste Ethik in der KI zu haben, sondern wir müssen auch selbst Technologie in die Umsetzung bringen. Deswegen können wir bei diesem Bericht nicht stehen bleiben. Wenn wir Champion in der Ethik der KI werden wollen – und ich finde, wir sollten das –, dann müssen wir auch Champion in der Anwendung von KI werden, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Gerade weil wir selbst gestalten müssen, macht es mich manchmal stutzig, dass wir die grundlegenden Dinge irgendwie nicht hinbekommen. KI basiert auf Daten. Nur kann der beste Algorithmus kein gutes Ergebnis liefern, wenn die Daten nicht gut sind. Als Wirtschaftspolitiker merken wir gerade in dieser Pandemie, dass wir wirtschaftspolitische Entscheidungen teilweise im Blindflug treffen müssen. Daten über Insolvenzen zum Beispiel sind über sechs Monate alt. Die aktuellsten Steuerdaten reichen manchmal in das Jahr 2014 zurück, aber eigentlich bräuchten wir sie in Realtime, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel, um bei der jetzt drohenden Insolvenzwelle gegenzusteuern. Die Datenstrukturen in der öffentlichen Hand sind oft nicht einheitlich, nicht vollständig und nicht logisch miteinander verknüpft. Ich zitiere aus dem „Handelsblatt“ dieser Woche – die haben es auf den Punkt gebracht –:

Wenn es um Erhebung, Aufbereitung und Weitergabe von Wirtschaftsdaten geht, ist Deutschland statistisches Entwicklungsland …

Hier geht nicht nur viel Potenzial verloren, die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen, hier geht auch viel Potenzial verloren, Innovationen in unseren Behörden nach vorne zu bringen. Wenn es eine Botschaft aus dieser Enquete-Kommission gibt, dann doch die, dass wir eine gute Datenstrategie für Umsetzung und für Innovation brauchen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Zu guter Letzt: Aufgrund der aktuellen Ereignisse – die Präsidentschaftswahlen in den USA sind nervenaufreibend – hoffen wir natürlich auf einen Neubeginn des transatlantischen Verhältnisses. Wir haben es heute ein paarmal gehört: Bei KI geht es um „made in Europe“, aber ich finde, wir sollten da nicht stehen bleiben. Ich höre manchmal aus der Debatte heraus, es gäbe jetzt eine Äquidistanz zwischen uns und China sowie zwischen uns und den USA. Ich teile diese Meinung explizit nicht. Trotz der schwierigen Lage in den USA teilen wir mit diesem Land gewisse Werte wie Demokratie, wie Menschenrechte. Deutsche Firmen waren beispielsweise schon an der Mondlandung der Amerikaner beteiligt. Ich finde, der nächste technologische Moonshot sollte auch in einer Zusammenarbeit stattfinden. Denken wir zum Beispiel an Spracherkennung, denken wir zum Beispiel an so etwas wie den Sieg gegen den Krebs, und zwar mithilfe von künstlicher Intelligenz.

Deswegen sollten wir gezielt auf die Zusammenarbeit Europas mit den USA setzen, um KI nach unseren Werten zu gestalten. Ich finde, das können wir selbstbewusst machen; denn mit dem vorliegenden Bericht der KI-Enquete-Kommission haben wir eine richtig gute Grundlage geschaffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Nächste Rednerin ist die Kollegin Elvan Korkmaz-Emre, SPD.

(Beifall bei der SPD)