Rede von Bruno Hönel Schlussrunde Haushalt 2024 und Haushaltsfinanzierung 2024

Bruno Hönel MdB
02.02.2024

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das waren außergewöhnliche Haushaltsverhandlungen. Ich glaube, so weit sind wir uns einig.

Die wirtschaftliche Lage war und ist aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine angespannt. Das war sie schon vor dem Abschluss dieses Haushaltes, und auch jetzt ist sie das noch. Und dann kam kurz vor dem Abschluss der Bereinigungssitzung das Urteil des Verfassungsgerichts mit weitreichenden Konsequenzen, die selbst die meisten Expertinnen und Experten nicht haben kommen sehen.

Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Ja, die KTF-Buchungspraxis war rückwirkend betrachtet ein Fehler. Dieser Fehler betrifft die Bundesregierung. Aber er betrifft auch die Union, die sich in den Ländern der gleichen Konstruktion bedient hat.

Wir sind also gleichermaßen betroffen; was sich aber sehr stark unterscheidet – das haben wir auch in dieser Haushaltswoche wieder gesehen – sind die politischen Reaktionen auf das Urteil.

Da ist zum einen die Reaktion der Ampelkoalition, nämlich den eigenen Fehler einzugestehen, das Urteil ernst zu nehmen, den Wirtschaftsplan des KTF anzupassen und unter Einhaltung der Schuldenbremse einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. Genau das hat die Ampelkoalition getan, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die zweite Art im Umgang mit dem Urteil ist die Reaktion der Union. Da kann ich nur von einem Dreiklang der Unehrlichkeit sprechen. Zuerst sagen Sie hier im Plenum in der Generaldebatte, dass wir über unsere Verhältnisse leben würden. Die Ampel gibt also zu viel Geld aus. Dann kommen die Einzelplanberatungen. Und wir können uns in jedem Einzelplan anhören, dass Milliardenkürzungen zurückgenommen werden müssen. Die Ampel gibt also zu wenig Geld aus.

(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Getoppt wird das alles dann noch durch Ihre Performance in der Bereinigungssitzung. Da haben Sie keinen einzigen eigenen Haushaltsantrag hinbekommen, keinen einzigen Vorschlag,

(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das stimmt auch nicht!)

wie Ihre Milliardenaufwüchse gegenfinanziert werden können, obwohl Sie zweimal die Möglichkeit dazu hatten – im November und im Januar. Diesen Dreiklang der Unehrlichkeit lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Im Grunde ist es die vollständige Verweigerung vor der Realität, was die Union hier betreibt. So kann man kein Land regieren, geschweige denn ein 17-Milliarden-Euro-Loch im Bundeshaushalt stopfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es geht ja noch weiter mit dem Zirkus. Sie haben nicht nur keine eigenen Anträge gestellt, Sie haben es auch nicht geschafft – beispielsweise im Haushaltsausschuss –, der Aufstockung der Mittel für die Freiwilligendienste um 80 Millionen Euro zuzustimmen. Obwohl Sie genau das vorher immer gefordert haben, gab es im Ausschuss keine Haltung dazu von der Union. 150 Millionen Euro mehr für das BAföG – im Ausschuss keine Haltung dazu von der Union. Von wirtschaftlichen Impulsen bis hin zur Unterstützung der Ukraine – im Haushaltsausschuss keine Haltung dazu von der Union. Vielleicht hätten wir in diesem Jahr ein paar Zirkuspädagogen für die Union finanzieren sollen, damit Sie wenigstens im nächsten Jahr einmal ein bisschen Haltung zeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die Koalition hat das anders gemacht. Sie hat Handlungsfähigkeit in der Krise bewiesen. Sie hat sich zusammengerauft, und sie hat einen Haushalt vorgelegt, der das Urteil des Verfassungsgerichts umsetzt, der nationale Planungssicherheit gibt, mit dem wir unserer internationalen Verantwortung – gerade gegenüber der Ukraine – gerecht werden können, aber auch unseren Zukunftsaufgaben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Wir investieren trotz Urteil massiv in die Schiene. Wir konnten das 49-Euro-Ticket stabilisieren und machen damit den ÖPNV attraktiv. Wir ermöglichen mit Milliardeninvestitionen die Ansiedlung von Chipfabriken vor allem im Osten der Republik. Wir stärken die Arbeitsmarktintegration – Dennis Rohde hat es angesprochen – mit zusätzlichen 700 Millionen Euro und bringen damit mehr Menschen in Arbeit. Wir erfüllen ab diesem Jahr auch die NATO-Quote – das haben Sie nie geschafft – und halten gleichzeitig die humanitären Ausgaben stabil. Dieser Haushalt bringt das Land voran, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ja, es stimmt, wir Grüne hätten uns höhere Investitionen gewünscht; das will ich ehrlich sagen. Wir haben zwar die Investitionsquote mit diesem Haushalt erhöht, aber wir brauchen trotzdem deutlich mehr Investitionen für die Bekämpfung der Klimakrise, in eine zukunftsfähige Wirtschaft, die die Jobs von morgen sichert, in Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur. Daher werben wir auch in der Breite von Politik und Gesellschaft für eine Reform der Schuldenbremse. Wir wollen sie nicht abschaffen – das ist mir ganz wichtig –, aber wir wollen sie für Zukunftsinvestitionen öffnen. Wir brauchen diese Investitionen als Wachstumsimpulse, weil wir uns nicht an künftigen Generationen versündigen wollen, die dann in Zukunft doppelt und dreifach zahlen müssen, wenn wir jetzt nicht investieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das sehen die Wirtschaftsweisen so, das sehen die Unternehmen so.

Auch in der Union gibt es mittlerweile einige Vernünftige, die eine Reform der Schuldenbremse befürworten für mehr Investitionen: von Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt über Kai Wegner in Berlin bis hin zu Michael Kretschmer in Sachsen. Ich muss ehrlich sagen, ich hätte auch nicht gedacht, dass ich Michael Kretschmer einmal zu den Vernünftigen zähle.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])

Aber in dieser Sachfrage ist es so. Das alles sind Ministerpräsidenten. Die tragen Verantwortung und die nehmen sie auch wahr. Das tut Friedrich Merz nicht. Er hat am Mittwoch in der Generaldebatte seine Totalblockade in dieser Frage erneut untermauert. Deswegen können wir Sie nur einladen, Ihre Position in dieser Frage nicht parteipolitisch am Schuldenbremsenfetisch von Friedrich Merz zu orientieren, sondern an der Wirklichkeit.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: An der Zukunft orientieren wir uns, und deshalb tragen wir das nicht mit!)

Das wäre gut für unser Land, und es wäre gut für künftige Generationen.

Herzlichen Dank.

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Otto Fricke.

(Beifall bei der FDP)