Rede von Jamila Schäfer Schlussrunde Haushalt 2024 und Haushaltsfinanzierung 2024

Jamila Schäfer MdB
02.02.2024

Jamila Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass es bei dieser Koalition ein bisschen so ist wie bei einem Marathon: Am Anfang startet man ganz motiviert. Nach den ersten Kilometern tut es teilweise schon verdammt weh.

(Stephan Brandner [AfD]: Nach der Hälfte bricht man zusammen!)

Aber am Ende kommt man erfolgreich und glücklich ins Ziel.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bei diesem Haushalt haben wir die Ziellinie jetzt schon erreicht. Auch wenn dieser Weg zugegebenermaßen noch einfacher hätte sein können: Das Ergebnis steht, und es ist gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Bei aller berechtigter Kritik der Opposition an diesem Prozess: Es wäre doch für jede Regierung, wenn wir mal ehrlich sind, genauso schwierig gewesen, mit diesem KTF-Urteil schnell umzugehen

(Zurufe von der CDU/CSU)

und nach einem so einschneidenden Urteil in so kurzer Zeit einen Haushalt mit drei so unterschiedlichen Partnern aufzustellen. Aber uns ist das jetzt gelungen, und ich finde, das Ergebnis kann sich echt sehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich kann auch, ehrlich gesagt, nicht so ganz verstehen, dass sich die Union darüber aufregt, dass wir mehr Geld ausgeben als im Vorkrisenjahr 2019. Wir haben doch von Ihnen einen riesigen Investitionsstau geerbt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Man könnte natürlich hergehen und sagen, dass wir jetzt wieder kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen sollen für die Digitalisierung, für die Brückensanierung, für den Ausbau der Schiene oder für eine klimaneutrale Industriepolitik; damit haben Sie ja auch jahrelange Erfahrung. Aber das Ergebnis wäre dann halt ein noch viel größerer Investitionsstau. Das können wir uns einfach nicht mehr leisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Achim Post [Minden] [SPD])

Deshalb stecken über 70 Milliarden Euro Investitionen in diesem Haushalt.

Wenn Sie mal wieder in der Regierung sind – in der Opposition können Sie ja alles gerne kritisieren –, dann werden Sie uns, glaube ich, dankbar sein, dass wir jetzt damit aufgehört haben, alle Probleme in die Zukunft zu verschieben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Aber das tun Sie doch!)

Ich glaube noch etwas: Es wird doch, ganz ehrlich gesagt, so sein, dass wir es in den nächsten Jahren bereuen werden, wenn wir uns nicht in den nächsten Monaten alle gemeinsam dazu aufraffen, eine ehrliche Debatte darüber zu führen, wie wir die Schuldenbremse und damit auch unsere Demokratie fit für die Zukunft machen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Selbst die Wirtschaftsweisen haben uns dazu aufgefordert.

Wir dürfen bei all diesen Diskussionen um konkrete Haushaltstitel nicht vergessen, dass die Zeitenwende nicht nur ein Wort ist, das irgendwann mal das Jahr 2022 in den Geschichtsbüchern beschreiben wird. Die Zeitenwende stellt uns vor ganz konkrete Herausforderungen. Sicher spüren die Menschen in der Ukraine die Herausforderungen tagtäglich am meisten, nämlich da, wo die Menschen wegen der vorrückenden Diktatur Putins sterben. Darum ist es gut, dass wir die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine in diesem Haushalt mit 8 Milliarden Euro unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

Aber es geht auch darum, nicht länger dabei zuzusehen, dass Russland und China ihre Infrastrukturprojekte in der Welt vorantreiben und neue Länder in neue Abhängigkeiten treiben; Abhängigkeiten, aus denen wir uns gerade teuer befreien müssen. Deshalb wundert es mich ein bisschen, dass Projekte im Ausland in dieser Woche so viel von Ihnen kritisiert wurden. Wir können doch nicht von einer geopolitischen Zeitenwende reden und gleichzeitig kritisieren, dass Geld ins Ausland fließt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer sich über Infrastrukturinvestitionen ins Ausland so aufregt wie zum Beispiel der CSU-Generalsekretär, der betreibt das Geschäft der Populisten.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

Es ist doch in unserem Interesse, in anständige Fluchtursachenbekämpfung zu investieren und daran zu arbeiten, dass diese Welt friedlicher wird. Dieser Einsatz für die Demokratie kostet nun mal Geld.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier würde ich mir gerade von den Konservativen noch mehr Ernsthaftigkeit und Realismus wünschen.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

– Bei Ihnen weiß man sowieso, dass der FSB selbst Ihre Zwischenrufe geschrieben hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man kann nicht ständig behaupten, dass man eigentlich zu viel Geld ausgeben würde, um gleichzeitig aber in den fachpolitischen Debatten immer zu sagen: Es ist hier oder da zu wenig. Man kann nicht sparen und gleichzeitig mehr Geld fordern. Das ist einfach nicht logisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

Wir sind doch ein Parlament und kein Zirkus. Pädagogen, die hier mit ihren Schulklassen sind, schütteln schon den Kopf; denn damit würde man in keiner Logikklausur bestehen.

Abschließend möchte ich mich aber noch bei allen Kolleginnen und Kollegen für die Beratungen bei diesem Haushaltsmarathon bedanken, insbesondere bei Sven-Christian Kindler, Otto Fricke und bei Dennis Rohde und natürlich auch bei unserem Ausschussvorsitzenden Helge Braun. Vielen Dank! Ich bitte um Zustimmung zu diesem Haushalt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Florian Toncar.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)