Rede von Harald Ebner Schulobst und Waldprämie

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05.11.2020

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Landwirtschaftserzeugnisse-Schulprogrammgesetz, alias Schulobstprogramm: ein an sich völlig unstrittiger TOP am Ende des Tages. Was Sie aber unter dieser Überschrift hier schnell noch hineingepackt haben, hat mit Schulobst überhaupt nicht das Geringste zu tun.

Immerhin hat der Kollege Gerig das jetzt ja angesprochen. Sie hätten das heute aber am liebsten gar nicht debattiert. Wir mussten Sie erst dazu zwingen.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Nein, nein!)

Sie mogeln uns hier ganz nebenbei eine Waldbesitzprämie in Höhe von einer halben Milliarde Euro unter, die Sie quasi mit dem Feuerwehrschlauch verteilen wollen. Schon allein das ist ein Unding.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Doch damit nicht genug. Damit Sie das viele Geld auch möglichst schnell hinausblasen können, jubeln Sie uns heute ein Konstrukt unter, das regelrecht ein Organisationsversagen des Ministeriums offenbart. Weil nämlich keine ministerielle Behörde in der Lage ist, so viel Geld möglichst schnell zu verteilen, wollen Sie jetzt eine externe Agentur, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, mit dieser hoheitlichen Aufgabe beleihen, und Sie ermächtigen sie auch gleich noch dazu, auf Versicherungsdaten der Berufsgenossenschaften zuzugreifen.

So was nachts um 23 Uhr unter der Überschrift „Schulobst“ abzuhandeln, ist mindestens schnodderig – ich würde eher „dreist“ sagen – und der Sensibilität solcher Vorgänge nicht angemessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alois Gerig [CDU/CSU]: Rechtssicherheit!)

Obwohl wir das hier und heute noch nicht mal beschlossen haben, berichtet die FNR auf ihrer Internetseite schon seit gestern von ihren neuen Aufgaben. Ich finde, das ist respektlos diesem Haus gegenüber.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, unser Wald braucht Hilfe, aber Sie versemmeln dieses wichtige Thema nicht nur formal, sondern auch inhaltlich. Ihre Geldbazooka zielt allein auf Flächenbesitz. Sie schaffen eine neue Flächenprämie – „Waldprämie“ genannt –, als hätten wir nichts aus der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik, gelernt. Die einzige Bedingung ist eine Zertifizierung, wie zum Beispiel PEFC. Damit ist ein Pestizideinsatz im Wald nicht ausgeschlossen, Kahlschläge sind damit nicht ausgeschlossen, und auch Monokulturen aus exotischen Baumarten sind damit nicht ausgeschlossen. Das bringt ökologisch nichts. 70 Prozent der Fläche sind schon so zertifiziert. Sie produzieren ausschließlich Mitnahmeeffekte ohne Zugewinn fürs Gemeinwohl. Profiteure sind die Großwaldbesitzer.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Lieber Harald, du weißt es doch besser!)

Das ist nicht unsere Vorstellung von einer zukunftsfähigen Waldpolitik. Statt einer Flächenprämie brauchen wir eine wirksame Beschleunigung des Waldumbaus hin zu vielfältigen, biodiversen und stabilen Wäldern und einer naturnäheren Waldbewirtschaftung, lieber Alois Gerig.

(Alois Gerig [CDU/CSU]: Genau das machen wir!)

Daran müssen wir doch unsere Hilfen binden.

Wir müssen mehr Holz im Wald lassen, auch um Humus aufzubauen und CO zu speichern. Ich empfehle, da mal auf die Wissenschaft zu horchen. Sie holen sich jetzt aber – ich bin sofort fertig, Herr Präsident – zu später Stunde

(Rainer Spiering [SPD]: Zu spät!)

die Prokura, dieses viele Geld ohne Gegenleistung herzuschenken. Das ist eine vertane Chance für den Zukunftswald; das machen wir nicht mit.

Gute Nacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rainer Spiering [SPD]: Der Kollege Ebner hat dem Omnibusverfahren übrigens zugestimmt!)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Ebner. – Weil die Kollegin Katharina Landgraf, CDU/CSU-Fraktion, ihre Rede zu Protokoll gegeben hat

, kommt jetzt sofort als letzte Rednerin des heutigen Tages die Kollegin Isabel Mackensen, SPD-Fraktion, zu Wort.

(Beifall bei der SPD)