Rede von Denise Loop Schwangerschaftsberatung und Gehsteigbelästigung

Denise Loop
10.04.2024

Denise Loop (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine“: Bis heute ist diese Forderung der Frauenbewegung nicht umgesetzt. Bis heute dürfen Frauen nicht alleine entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen oder nicht.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Weil wir ein Grundgesetz haben! – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Eine Schwangerschaft austragen oder ein Kind austragen?)

Denn bis heute sind Abtreibungen in Deutschland eine Straftat und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Eine Voraussetzung ist, dass ungewollt Schwangere eine verpflichtende Beratung wahrnehmen müssen, bevor eine Abtreibung durchgeführt werden darf.

Die Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft, für das Leben mit oder ohne Kind, hat Einfluss auf das gesamte weitere Leben einer Frau. Ein Kind zu haben, kann das größte Geschenk im Leben sein. Es kann bereichernd, wunderschön und bezaubernd sein. Eine Schwangerschaft kann aber auch eine Überforderung bedeuten. Sie kann nicht gewollt sein, und es kann der falsche Zeitpunkt im Leben sein. Doch diese Entscheidung bei einer ungeplanten Schwangerschaft zu treffen, das ist eine der schwersten Entscheidungen im Leben. Keine Frau trifft sie leichtfertig. Doch die meisten treffen sie wohlüberlegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Das sagen Sie!)

Und jetzt stellen Sie sich vor, auf dem Weg zur Beratungsstelle oder zu einer Arzt- oder Ärztinnenpraxis müssen Sie, um diese verpflichtende Beratung in Anspruch zu nehmen, durch Demonstrierende gehen, die laut rufen, beten, singen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Beten! Wie schrecklich!)

Sie halten Fotos von schwangeren Frauen, Embryos und Kreuze hoch. Schwangere werden bedrängt, eingeschüchtert und belästigt.

(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Wo? Nennen Sie einen Fall!)

Was für eine zusätzliche psychische Belastung in einer eh schon schwierigen und emotionalen Situation. Das dürfen wir nicht hinnehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Diese sogenannte Gehsteigbelästigung findet seit Jahren vor Beratungsstellen und medizinischen Einrichtungen in Deutschland, in Frankfurt, in Hamburg statt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass ungewollt Schwangere und auch das Personal in Zukunft ungehindert Beratungsstellen oder medizinische Einrichtungen betreten können, dass sie eben nicht belästigt und bedrängt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit stärken wir die reproduktiven Rechte von Frauen, und wir gehen gleichzeitig gegen die sogenannten Lebensschützer/-innen vor, die Menschen vor Beratungsstellen belästigen. Sie schützen mit ihren Aktionen kein einziges Leben. Im Gegenteil, sie sorgen dafür, das Leben von Frauen nur noch weiter zu erschweren. Sie sind zutiefst frauenfeindlich.

(Martin Reichardt [AfD]: Das sind doch vielfach Frauen!)

Mit dem Gesetzentwurf zur Gehsteigbelästigung schützen wir Schwangere, auch wenn sie sich gegen eine Schwangerschaft entscheiden. Wir führen bundeseinheitliche, rechtssichere Rahmenbedingungen mit Abstandsregelungen und Bußgeldern ein. Deswegen freue ich mich sehr auf die parlamentarischen Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Was für ein Stuss!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Bettina Margarethe Wiesmann hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)