Rede von Merle Spellerberg Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

Merle Spellerberg
22.03.2024

Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gerland aus dem Büro der Wehrbeauftragten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen unsere Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit sichern, personell und materiell einsatzbereit sein. Wir müssen wehrhaft sein. Dafür brauchen wir eine gut ausgestattete Bundeswehr. Ebenso außer Frage steht unsere Unterstützung für die Ukraine in ihrem Kampf gegen die russische Aggression. Bei beidem spielt die Rüstungsindustrie als unser Partner eine wichtige Rolle, und diese Rolle müssen wir politisch mitbestimmen.

Was in dem Antrag der Union zu kurz kommt, ist das Bewusstsein dafür, dass die Rüstungsindustrie eben nicht eine Industrie wie jede andere ist. Es geht hier um Waffen, die schützen können, die aber auch Leben nehmen können, die verletzen können. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was auch fehlt, ist ein wirklich langfristiger Plan für unseren Umgang mit der Rüstungsindustrie. Es ist unbestritten, dass wir insbesondere mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine die Rüstungsindustrie dabei unterstützen müssen, ihre Produktionskapazitäten so schnell wie möglich hochzufahren. Zusätzlich müssen wir in der Lage sein, unseren eigenen Bedarf zu decken und weiter ein verlässlicher Partner in Europa und in der NATO zu bleiben.

Aber – und das ist wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen – diese Kapazitäten müssen wir, sobald es die Sicherheitslage zulässt, auch wieder herunterfahren können. Denn überschüssige Produktionskapazitäten der Zukunft dürfen weder zu anlassloser Aufrüstung noch zu einem Exportdrang führen, der im schlimmsten Fall weltweit Konflikte verlängert und in den falschen Händen Menschenrechtsverletzungen verursacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen eine Vision, wie die Strukturen der europäischen Rüstungsindustrie nachhaltig im Einklang mit unseren Werten und Interessen angepasst werden können.

Wir müssen uns als Gesellschaft mit vielen noch offenen Fragen beschäftigen: Dürfen mit Waffen Gewinne erwirtschaftet werden, bzw. was genau soll mit diesen Gewinnen passieren? Welche Besitzverhältnisse sollten in der Rüstungsindustrie eigentlich vorherrschen? Welche Rolle soll der Staat in unserer Rüstungsindustrie spielen? Wie können wir verantwortungsvolle Technologieentwicklung und -souveränität gewährleisten?

(Zuruf der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])

Wie können wir verhindern, dass Einzelinteressen von Rüstungsunternehmen Entscheidungen dominieren? Diese Debatten müssen wir auch in der Politik deutlich intensiver führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen Lösungen, die auch langfristig Frieden und Sicherheit garantieren. Wir brauchen eine Politik, die den Frieden und unsere Sicherheit priorisiert und nicht die Profite einzelner Rüstungsunternehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)