Rede von Christian Kühn Sofortprogramm Wohnoffensive 

12.10.2018

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Mai waren in Berlin 15 000 Menschen für bezahlbaren Wohnraum auf der Straße, am 15. September 11 000 Menschen in München. Am 20. Oktober werden Tausende Menschen in Frankfurt auf der Straße sein und einfordern, dass diese Bundesregierung endlich handelt und etwas für bezahlbaren Wohnraum in Deutschland tut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ignorieren Sie als Große Koalition nicht länger diese Proteste und die Menschen, die für das Grundrecht auf Wohnen auf die Straße gehen! Diese Menschen leiden unter horrenden Mietsteigerungen. Sie leiden unter den explodierenden Immobilienpreisen, unter Verdrängung, Gentrifizierung und der Polarisierung in unseren Städten. Diese dürfen wir nicht länger zulassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wenn Sie als Union schon diese Proteste ignorieren und uns als Opposition auch nicht erst nehmen,

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Das machen wir nicht! Das stimmt nicht!)

dann rate ich Ihnen: Hören Sie Ihrem Parteikollegen Markus Lewe zu, dem Präsidenten des Deutschen Städtetages! Er sagt: Die soziale Marktwirtschaft beim Wohnen muss neu justiert werden. – Deswegen bringen wir eine grüne Wohnoffensive und das Bestellerprinzip bei den Maklerkosten ein; denn wir sind davon überzeugt, dass die soziale Marktwirtschaft in eine Schieflage geraten ist und sie deswegen neu ausgerichtet werden muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir brauchen eine funktionierende Mietpreisbremse. Ich werde nicht müde, das hier zu betonen. Anders werden wir die Steigerungen bei den Mieten nicht bremsen können. Wir brauchen eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit, weil sonst die Spirale beim sozialen Wohnungsbau weiter nach unten gehen wird. Wir brauchen eine soziale und nachhaltige Bodenpolitik, um Spekulation in unseren Städten im wahrsten Sinne den Boden zu entziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß nicht, was Ihnen von der Union die Menschen auf der Straße entgegnen, wenn Sie sagen: Bei der Maklerprovision müssen wir uns noch unterhalten. – Wir haben in Deutschland die höchste Maklerprovision in ganz Europa. Hierzu sagen nicht nur wir Grünen, sondern auch das Deutsche Institut für Wirtschaft und das Bundeskartellamt, dass wir sozusagen neue Leitplanken bei der sozialen Marktwirtschaft brauchen.

Deswegen sagen wir Grünen heute mit einem Gesetzentwurf ganz klar: Das Bestellerprinzip muss in Deutschland eingeführt werden. 7,14 Prozent Maklerprovision sind bei einem Immobilienerwerb von 350 000 Euro schlappe 25 000 Euro, also viel mehr als die Entlastung durch das Baukindergeld. Das ist zu viel. Deswegen sagen wir ganz klar: Hier muss endlich die Leitplanke des Bestellerprinzips eingeführt werden, damit der Markt wieder funktioniert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist übrigens viel billiger, als 12 Milliarden Euro in das Baukindergeld zu schieben, das am Ende zu Bau­preissteigerungen führt. Dieses Geld wäre besser im sozialen Wohnungsbau angelegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich bin gespannt auf die Debatte und Ihre Redebeiträge aus der Großen Koalition; denn ich will, dass Sie als Union heute beim Bestellerprinzip endlich Farbe bekennen. Wollen Sie es einführen oder nicht? Diese Antwort müssen Sie heute geben.

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Wir müssen gar nichts!)

Bei der SPD bin ich gespannt, ob sie heute sagt, ob sie eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit will oder nicht. Auch dazu müssen Sie heute Stellung beziehen. Ich glaube, das sind Sie den Menschen, die in Deutschland zu Tausenden auf die Straße gehen, wirklich schuldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, ignorieren Sie diese Proteste nicht!

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Das machen wir nicht!)

Sonst werden Ihre Umfrageergebnisse nicht nur an diesem Sonntag bittere Realität für Sie.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Machen Sie sich keine Sorgen um unsere Umfrageergebnisse!)

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)