Rede von Dieter Janecek Soziale Innovationen

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29.05.2020

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich glaube, viele Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer – Social Entrepreneurs, Social Start-ups – freuen sich, dass heute diese Debatte stattfindet. Sie freuen sich allerdings auch deswegen, weil es so lange gedauert hat, bis die Bundesregierung endlich mal was vorgelegt hat. Herr Sattelberger und ich zum Beispiel wurden ja letztes Jahr schon initiativ, aber auch die Linken haben Anträge vorgelegt. Dieses Thema beschäftigt uns seit vielen Jahren. Endlich bekommt es die Wertschätzung, die es verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

In einer Zeit von Kaufprämien für die Automobilindustrie, von Rettungspaketen ohne Klimaschutzauflagen für die Lufthansa ist die Debatte über das Thema „soziale Innovationen“ fast anachronistisch zu dem, was die Regierung momentan in vielen Bereichen tut. Trotzdem freue ich mich, dass viele Abgeordnete, auch der Koalition – ich nenne namentlich Herrn Lenz und Frau Poschmann –, mit denen wir in den letzten Jahren auf vielen Podien gesessen haben, jetzt mitgeholfen haben, etwas auf den Weg zu bringen. Es ist, glaube ich, auch anerkennenswert, dass wir hier einen Konsens haben. Der Konsens steht im Vordergrund; aber wenn wir jetzt über den Neustart der Wirtschaft in Deutschland reden, wäre es schon auch gut, dass wir dann soziale Innovationen auch nach vorne stellen, dass das nicht nur ein Mauerblümchendasein fristet in den nächsten Jahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Und natürlich geht es nicht nur um den Profit. Viele soziale Unternehmungen sind wirtschaftlich sinnvoll und können profitorientiert arbeiten, aber viele sind einfach auch gut für die Gesellschaft vor Ort. Ich nenne Ihnen mal zwei Beispiele aus meinem Wahlkreis in München: Zum einen das Unternehmen Social-Bee. Dieses Unternehmen beschäftigt geflüchtete Menschen, nimmt sie in eine Arbeitsgesellschaft auf und vermittelt sie dann über Weiterbildung, Qualifizierung an andere Unternehmen, sorgt dafür, dass Menschen, die geflüchtet sind und es zuerst schwer haben, in den Arbeitsmarkt zu kommen, auf dem Arbeitsmarkt ankommen. So was ist sehr sinnvoll und hilft uns am Ende auch, Kosten zu sparen. Vor allem aber ist es menschlich anständig, und darum geht es eben auch in der Wirtschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Ich möchte nicht nur über die großen Geschäftsmodelle reden, ich möchte auch mal über die kleinen Sachen reden. Was mir sehr gut gefällt bei mir zu Hause ist die Bäckerei „Kuchentratsch“; du kennst sie vielleicht, Thomas.

(Beifall des Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP])

Das ist eine kleine Unternehmung, wo Seniorinnen und Senioren in ihrer Arbeitsgeschwindigkeit Kuchen backen und unter die Leute bringen und so auch unter Leute kommen. Das ist jetzt vielleicht in Coronazeiten in den letzten Wochen ein bisschen schwieriger gewesen als sonst; aber wir hoffen ja auf bessere Zeiten in dieser Phase. Also, auch so was gehört gefördert; das ist auch ein geschäftliches Modell, das Anerkennung verdient. Auch dafür setzen wir uns ein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

In unseren Anträgen haben wir ja zum einen bemängelt, dass bei der Förderkulisse momentan nur sehr wenig drin ist für die Social Entrepreneurs; nach eigenen Angaben sind gerade mal 3 Prozent überhaupt förderfähig. Das muss dringend geändert werden. Es kann nicht sein, dass wir nur Lufthansa und die Automobilindustrie retten. Wir müssen auch diesen kleinen Unternehmen jetzt in der Krise eine Chance geben; denn denen geht gerade ganz viel verloren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP] und Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Und wir brauchen auch eine Zuständigkeit dafür in den Ministerien, das heißt, wir brauchen jemanden, eine Person, die sagt: Ich fühle mich für solche Themen zuständig. – Es reichen nicht nur Prüfaufträge; wir brauchen bei diesem Thema auch Verantwortlichkeiten. Also, gehen Sie ran! Die 13,5 Millionen Euro werden natürlich nicht reichen, um einen solchen Bereich, wo es um Hunderttausende Menschen geht, die arbeiten wollen, die schaffen wollen, die ehrenamtlich, aber auch geschäftlich tätig sein wollen, zu fördern. Also, lassen Sie uns den Blick auf die Ökonomie ändern! Mit Social Entrepreneurs nach vorne!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Stefan Kaufmann das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)