Rede von Sven Lehmann Soziale Sicherung in der Coronapandemie

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26.02.2021

Sven Lehmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Redezeit nutzen, um einer Berufsgruppe besondere Anerkennung und Respekt zu zollen, nämlich den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in diesem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

In der letzten Woche habe ich bei einer digitalen Veranstaltung mit knapp 200 Menschen aus der sozialen Arbeit diskutiert. Katja Mast hat es auch schon richtig beschrieben: Trotz widriger Umstände stehen sie in dieser Pandemie Menschen in schwierigen Lebenslagen zur Seite. Sie bewahren Menschen davor, Kontakt und Anschluss zu verlieren. Streetworker helfen Obdachlosen, die nicht wissen, ob die Kälte in der Nacht oder eine Coronainfektion in einer Notunterkunft die größere Gefahr ist. Familienhelfer sorgen dafür, dass viele Kinder in dieser Pandemie überhaupt mal vor die Tür kommen. Sozialpädagoginnen bieten Frauen in Frauenhäusern Schutz vor Gewalt. Jugendsozialarbeiterinnen halten den Kontakt zu jungen Menschen, die nicht mehr ins Jugendzentrum oder in den Sportverein gehen können.

Für unsere Gesellschaft ist diese Arbeit unverzichtbar. Deswegen begrüßen wir Grüne ausdrücklich, dass der Schutzschirm für die sozialen Dienste bis Ende des Jahres aufgespannt bleibt. Denn diese Arbeit braucht politische Unterstützung, übrigens auch über die Pandemie hinaus, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber bei aller Unterstützung für diese Verlängerung des SodEG, die wir ausdrücklich begrüßen, muss ich leider auch sagen: Die geplante Einmalzahlung von 150 Euro für einen erwachsenen Menschen über einen Zeitraum von knapp anderthalb Jahren ist keine Hilfe, sondern eine Nullrunde. Und eine Nullrunde ist in dieser Krise einfach definitiv zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Was das konkret heißt, haben wir in der Anhörung am Montag nämlich gehört: Die Coronakrise verschärft unter anderem auch das Problem von Ernährungsarmut. Ich zitiere mal einen Satz:

Die derzeitige Grundsicherung reicht ohne weitere Unterstützungsressourcen nicht aus, um eine gesundheitsförderliche Ernährung zu realisieren.

Das steht so in einem aktuellen Gutachten im Auftrag des Ministeriums von Julia Klöckner. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union – ich spreche Sie mal sehr konkret an –: Wenn Sie schon nicht auf die Sozialverbände oder auf die Gewerkschaften oder auf die Familienverbände oder auf Grüne und Linke hören, dann hören Sie doch wenigstens auf Gutachten aus Ihren eigenen Ministerien. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon in normalen Zeiten sind sehr viele Menschen – Rentnerinnen und Rentner in der Grundsicherung, Alleinerziehende – auf die Tafeln angewiesen, um überhaupt über den Monat zu kommen. Und wenn diese Angebote, wie jetzt, wegfallen bzw. wegbrechen, dann bedeutet das existenzielle Notlagen. Doch armutsbedingte Mangelernährung können und dürfen wir uns in diesem reichen Land nicht leisten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen brauchen in dieser Krise mehr soziale Sicherheit und echte Hilfe, auf die sie sich auch verlassen können. Deswegen: Stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu – für einen monatlichen Krisenaufschlag auf die Grundsicherung und für eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Vielen Dank, Kollege Sven Lehmann. – Für die SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Dagmar Schmidt.

(Beifall bei der SPD)