Rede von Kai Gehring Sozialen Lage der Studierenden
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Studierende sind vom Lockdown besonders betroffen. Sie leben häufiger allein, durch Onlinesemester haben sie weniger Austausch, studentische Nebenjobs brechen wieder reihenweise weg. Darum müssen wir uns als Parlament doch kümmern. Wir können uns keine perspektivlose Generation Corona erlauben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Dass die Hochschulen mit ihren 3 Millionen Studierenden und über 400 000 Beschäftigten bei den Wellenbrecherbeschlüssen mit keiner Silbe auftauchen, ist für mich unerträglich ignorant. Einmal mehr hat Ministerin Karliczek geschlafen. Wenn die Ministerin einmal so flott handeln würde, wie sie vorhin den Plenarsaal verlassen hat, dann wäre so viel für Bildungsaufstiege im Land erreicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Die Überbrückungshilfe für Studierende hat die Ministerin kurz vor Semesterbeginn, mitten in der Pandemie ersatzlos auslaufen lassen, Ja wie geizig und wie instinktlos ist das eigentlich?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Dieses Provisorium Überbrückungshilfe und ihre Studienkredite mit Schuldenberg, von denen eigentlich nur die FDP ein Fan ist, müssen durch eine wirksame Unterstützung für alle Studierenden in finanzieller Not ersetzt werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Frau Karliczek scheint aber jede Empathie zu fehlen, um sich in die Situation von Studierenden hineinzuversetzen. Den Eindruck teilen die demokratischen Oppositionsfraktionen im Bundestag und sogar ihr Koalitionspartner SPD, bei dem man schon dachte: Was für eine tolle Oppositionsrede! – Ja, machen Sie doch endlich! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, legen Sie los! Wieso öffnen Sie für Studis in Coronanöten nicht zeitweise das BAföG?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])
Wachen Sie endlich auf! Sorgen Sie dafür, dass aus der Coronakrise keine Bildungskrise wird!
Die Pandemie macht die Defizite der Studienfinanzierung doch brutal sichtbar. Die Regierung muss endlich aufhören, das kleinzureden. 16 Jahre CDU, zig Novellen, und das BAföG hat in den letzten Jahren weiter massiv an Bedeutung verloren. 89 Prozent der Studierenden kriegen keins mehr. Das ist doch bildungs- und sozialpolitisch fatal.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE] – Zuruf von der CDU/CSU: So ein Quatsch!)
Nach den letzten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bekommen nur noch 11 Prozent der Studierenden BAföG. Ja, da müssen Sie doch mal handeln und zumindest die Statistiken, die es gibt, wahrnehmen.
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Es geht den Eltern besser! Deswegen brauchen es weniger!)
Den BAföG-Bericht verzögern Sie bis heute. Der Neustart beim BAföG ist wirklich überfällig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])
Wenn selbst die ärmsten Studis häufig auf die Eltern und den Nebenjob zurückgreifen, dann ist da doch wirklich was faul.
Eine mutige Weiterentwicklung des BAföG wäre eine Grundsicherung für Studierende und Auszubildende, wie wir sie konzipiert haben. Wir schlagen vor, allen einen Garantiebetrag zu zahlen. Dazu käme ein Bedarfszuschuss, den Studierende bedarfsabhängig erhalten. Mit beiden Zuschüssen zusammen erhielten Studierende mehr als die heutigen BAföG-Sätze und müssten hinterher keine Hypothek abstottern. Das wäre Existenzsicherung für alle. Denn ob Krise oder nicht: Alle jungen Menschen sollen sorgenfrei ihr Studium oder ihre Ausbildung absolvieren können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Niemand weiß zurzeit, wie viele im Onlinesemester aus finanziellen oder psychosozialen Gründen ihr Studium abbrechen werden oder schon aufgegeben haben. Wir müssen Studierenden jetzt Halt und Sicherheit geben; denn sie sind die Fachkräfte von morgen. Deshalb ist ein Neustart beim BAföG so überfällig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:
Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Karsten Möring, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)