Rede von Marlene Schönberger Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland

Marlene Schönberger MdB
19.10.2023

Marlene Schönberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Es fällt schwer, dieser Tage über jüdisches Leben nachzudenken, ohne dabei über die massive Bedrohungslage zu sprechen, in der sich Jüdinnen und Juden gerade befinden. Wir müssen alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um jüdische Einrichtungen zu schützen, und der Staatsvertrag trägt dazu bei.

Aber es kann nicht die Antwort im Kampf gegen Antisemitismus sein, dass sich Jüdinnen und Juden in Hochsicherheitstrakte einsperren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Josef Oster [CDU/CSU])

Antisemitismus zu bekämpfen bedeutet, bestehendes Recht konsequent anzuwenden. Vor allem aber bedeutet es mehr Prävention: in der Juristinnen- und Juristen- sowie Lehrkräfteausbildung ebenso wie bei der Polizei und gesamtgesellschaftlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dabei muss uns die Realität von Jüdinnen und Juden bewusst sein. Sie betreiben interreligiösen und interkulturellen Dialog, sobald sie die eigenen vier Wände verlassen. Ständig müssen sie sich selbst erklären und über Antisemitismus, über Israel, über die Shoah Fragen beantworten. Wer jüdische Stimmen aber auf diese Themen reduziert, der raubt jüdischem Leben die Sichtbarkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])

Die Jüdische Akademie ist ein Raum, der solche Reduktionen infrage stellt. Sie ist ein Raum, in dem auf Augenhöhe gesprochen werden kann, ein Raum, in dem Jüdinnen und Juden selbstbewusst die Gesellschaft mitgestalten und in dem nichtjüdische Menschen jüdisches Leben jenseits der Stereotypenbrille kennenlernen. Durch den Staatsvertrag wird dieser Ort Wirklichkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jüdische Institutionen, die sich entscheiden, selbst Präventionsarbeit durch Dialog zu leisten, müssen wir unbedingt dabei unterstützen. Sie zu empowern, bedeutet nicht nur, dass sie die Kraft haben, Jüdinnen und Juden zu empowern. Diese Orte verbinden auch Expertise mit den Erfahrungen der Betroffenen. Sie zu stärken, bedeutet jüdische Pluralität in Deutschland zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die Mittel des Staatsvertrages können wir dafür sorgen, das ungleiche Machtverhältnis, das Jüdinnen und Juden in dieser Gesellschaft erleben, auszugleichen. Aber uns muss auch klar sein, dass es eine Schande wäre, die Verantwortung beim Kampf gegen Antisemitismus allein bei den Betroffenen abzuladen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Auch rein zahlenmäßig: Rund 200 000 Jüdinnen und Juden können nicht die Vorurteile bei 84 Millionen Menschen aufbrechen. Das heißt, der Staatsvertrag wird Anteil haben, die Unterstützung jüdischen Lebens voranzutreiben. Aber für den Kampf gegen Antisemitismus bedarf es mehr. Als Ampel sind wir gerade dabei, die richtigen und wichtigen Wegmarken zu setzen. Wir werden diese Verantwortung wahrnehmen und tun, was notwendig ist, um eine jüdische Zukunft in Deutschland zu sichern.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat Beatrix von Storch für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)