Rede von Kerstin Andreae Stahlstandorte in Deutschland erhalten

21.11.2017

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stahlbranche ist für unser Land wie auch für Europa eine wichtige Säule der industriellen Produktion. Sie ist auch wichtig für den globalen Klimaschutz.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Sie ist eine der Branchen, in der durch moderne Werke gerade in Deutschland massiv CO 2 eingespart werden kann.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP)

Stahl ist unverzichtbar für die ökologische Modernisierung der gesamten Industrie. Windkraftanlagen, Gebäudesanierung, nachhaltige Mobilität und Verkehrsinfrastruktur, all diese Bereiche brauchen Stahl.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es wichtig, die Frage zu stellen: Wie sieht die Zukunft der Stahlbranche aus?

Natürlich hat ein Unternehmen, das eine Fusion eingeht, eine große Verantwortung. Es hat eine Verantwortung für den Erfolg seines Stahlgeschäfts, aber es hat vor allem eine soziale Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deswegen ist die Forderung der Beschäftigten, Klarheit zu schaffen und weitgehend, wo möglich, für die Sicherung der Arbeitsplätze einzutreten, eine richtige Forderung, die wir unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als energieintensive Branche trägt die Stahlbranche zum Klimaschutz bei. Wenn ich aus der Branche höre, dass die Energiepreise ein Problem seien, dann muss ich eines deutlich sagen: Die Stahlindustrie hat kostenlos Emissionszertifikate im Wert von 5,3 Milliarden Euro und eine zweistellige Millionenhilfe in Form einer Strompreiskompensation erhalten. Ja, die Stahlbranche ist unter Druck – unter anderem wegen der Überkapazitäten; auf sie komme ich noch zu sprechen –, aber sie ist nicht unter Druck wegen der Energiepreise. Wir haben sowieso schon eine Schieflage, was die Höhe der Energiepreise für die Industrie auf der einen Seite und für den privaten Verbraucher und den Mittelstand auf der anderen Seite angeht. Deswegen lautet meine klare Ansage an die Stahlbranche: Kommt uns nicht damit, dass die Energiekosten zu hoch sind. Das ist nicht richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Was?)

Aber wir müssen die europäische Stahlbranche vor unfairem Wettbewerb schützen. Deswegen ist das, was der Kollege Pfeiffer gesagt hat, richtig: Das eigentliche Problem der Stahlbranche sind die Überkapazitäten, vor allem aus China. Deswegen ist es richtig, dass man auf europäischer Ebene dafür eintritt, dass Schutzzölle dann eingerichtet werden können, wenn Märkte geflutet werden durch eine Überproduktion, die auch noch staatlich induziert ist. Diese Diskussion ist auf europäischer Ebene gelaufen. Damals haben wir uns gewünscht, dass sich Wirtschaftsminister Gabriel deutlich stärker für eine Reform der handelspolitischen Schutzinstrumente einsetzt. Aber es hat an Mut gemangelt, dafür einzutreten. Es ist wichtig, dass wir uns hier für diese Handelsinstrumente einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Natürlich müssen wir im Hinblick auf die Beschäftigten klare Ansagen machen. Was nicht geht, ist, über die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu diskutieren. Richtig ist es aber, über die politische Verantwortung eines Unternehmens zu diskutieren. Natürlich sind Arbeitnehmerrechte elementar. Natürlich müssen wir uns dafür einsetzen, dass die Mitbestimmung erhalten bleibt. Und natürlich darf es keine Grauzonen, keine Lücken und keinen Abbau von Mitbestimmung geben, auch nicht bei einer Fusion auf europäischer Ebene.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Aber wie schaffen wir es, auch in der Branche Stahl der ökologischen Herausforderung gerecht zu werden? Das ist eine energieintensive Branche. Wie fördern wir Innovationen in den Unternehmen? Wie kann Forschung und Entwicklung zur Ökologisierung der Wirtschaft beitragen?

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die Fragen sind da! Jetzt noch die Antworten!)

Die Klimaziele haben nicht wir erfunden. Die Klimaziele einzuhalten, ist absolut notwendig, und auch die Stahlbranche muss ihren Beitrag dazu leisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es gut, wenn erforscht wird, wie Hüttengase aus der Stahlproduktion direkt als Rohstoff für die chemische Produktion verwandt werden können. Es ist richtig, wenn Förderprogramme aufgelegt werden und diese ambitionierte Forschung unterstützt wird. Eine ökologische Industriepolitik heißt auch, die Stahlindustrie dabei zu unterstützen, Technologieführer hinsichtlich der Emissionsminderung, hinsichtlich der Energie- und Materialeinsparung und im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu werden. Das ist Aufgabe einer vorausschauenden und zukunftsgerichteten Wirtschaftspolitik, im Übrigen auch einer kommissarischen Bundesregierung und eines SPD-geführten Wirtschaftsministeriums. Darum geht es bei der ökologischen Industriepolitik. Alle Branchen müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)