Rede von Kai Gehring Startchancenprogramm

Foto von Kai Gehring MdB
11.04.2024

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein großer Tag für Bildungsgerechtigkeit. Heute wird Kooperation für Chancengerechtigkeit ganz konkret; denn Bildung ist präventive Sozialpolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Noah ist sieben Jahre alt und lebt mit seinen Eltern in Essen-Bredeney. Zahlen und Buchstaben kannte er schon vor der Einschulung, Diktate machen ihm Spaß. In seiner Grundschulklasse wird er mit 18 Schülerinnen und Schülern unterrichtet. Nach der Schule holt ihn meist seine Oma ab; sie unterstützt ihn auch bei den Hausaufgaben.

Amina ist sieben Jahre, wohnt auch in Essen, aber im Stadtteil Karnap. Ihre Mutter ist alleinerziehend und arbeitet im Schichtdienst, weshalb Amina und ihre Geschwister oft allein zu Hause sind. Ihrem Lehrer fällt es schwer, bei 27 Kindern in der Klasse für Ordnung zu sorgen. Beim Lesen und Schreiben hat Amina noch Probleme.

Noah in Bredeney und Amina in Karnap sind gleich intelligent, haben aber eben nicht die gleichen Startbedingungen. In Karnap kommt jedes zweite Kind aus einer armutsgefährdeten Familie, in Bredeney jedes zehnte. Bildungserfolg hängt in Deutschland immer noch viel zu stark von sozialer Herkunft, dem elterlichen Geldbeutel und der Postleitzahl ab. Wir wollen das ändern, wir werden das ändern. Alle Kinder haben gleiche Startchancen verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Mit dem Startchancen-Programm erneuern wir heute das Bildungsversprechen von „Chancen für alle“, und das freut mich auch persönlich als Arbeiterkind. Gemeinsam mit den Ländern investieren wir ab dem nächsten Schuljahr zusätzliche 20 Milliarden Euro für zehn Jahre. Damit unterstützen wir 10 Prozent aller Schulen – konkret: 4 000 – in benachteiligten Quartieren, an denen 1 Million Kinder unterrichtet werden. Das Startchancen-Programm ist damit in der Tat die größte Bund-Länder-Bildungsinitiative, die es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland jemals gab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist Zeit, dass sich was dreht.

Das Programm ist im Übrigen sozial gerecht, weil die Mittel nicht allein nach Himmelsrichtung und nach Steueraufkommen verteilt werden, sondern auch nach Sozialindizes. Denn Bedarfsgerechtigkeit schafft Chancengerechtigkeit.

Aminas Grundschule wird eine der 900 Startchancen-Schulen in NRW sein. Durch Programmsäule I lässt sich in ihrer Schule eine Leseecke oder ein Kreativraum einrichten, der triste Schulhof durch neue Spielgeräte und Grünflächen für Bewegung aufpeppen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das hätten andere auch gerne!)

Dank des Chancenbudgets, der Säule II, kann Amina künftig an gezieltem Förderunterricht in Deutsch teilnehmen. Und auch die Lehrkräfte an ihrer Schule werden durch zwei Schulsozialarbeiter/-innen entlastet; denn Säule III sorgt für multiprofessionelles Personal. So entwickeln wir aus Brennpunktschulen Zukunftslabore.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion haben ja jetzt hier in einer Tour durchgemäkelt. Ich sage Ihnen nur: Herr Wüst, Herr Günther und auch Herr Wegner finden dieses Programm sehr gelungen und werden es nutzen.

Ich sage das als jemand, der für meine eigene Fraktion 2015 in diesen Bundestag einen Antrag eingebracht hat, der die Blaupause für das Startchancen-Programm bedeutete: Damals war das eine Idee, die von der Kanzlerinnenpartei müde belächelt wurde. Heute ist es eine wuchtige Vereinbarung aller 16 Bundesländer mit dem Bund, über die sich meine Fraktion und die gesamte Koalition freut; denn sie bringt vor Ort ganz konkret sozialen Fortschritt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Das Startchancen-Programm ist der Anfang einer Bildungswende. Es zeigt, was geht, wenn alle endlich an einem Strang ziehen: Bund, Länder, Kommunen, Bildungsforschung und Zivilgesellschaft – nach IGLU und PISA-Studie bitter nötig. Geben wir Kindern wie Amina die Chance, endlich richtig durchzustarten – mit besseren Schulen, mehr Empowerment, mit Entlastung, auch durch die Kindergrundsicherung, kurzum: mit gleichen Startchancen und echten Zukunftsaussichten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächste hat das Wort für die FDP-Fraktion Gyde Jensen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)