Rede von Katja Keul Stiefkindadoption

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13.02.2020

Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der aktuellen Gesetzeslage kann ein Stiefelternteil in einer nichtehelichen Beziehung das Kind des anderen Teils nicht adoptieren. Das ist nicht nur verfassungswidrig, sondern auch offensichtlich unsinnig, und deshalb ist es richtig, dass Sie mit diesem Gesetz Möglichkeiten der Stiefkindadoption außerhalb einer Ehe ermöglichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war es aber schon mit dem positiven Teil. Unsere Zustimmung bekommen Sie nur, weil die jetzige Rechtslage noch schlechter ist als Ihr Gesetz.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also haben wir wieder etwas Gutes gemacht!)

Die Anhörung hat die Defizite dieser halbherzigen Regelung deutlich zutage gebracht.

Erstens. Die Anknüpfung an eine verfestigte Lebensgemeinschaft, die vier Jahre bestanden haben muss, geht fehl, weil sie dem Unterhaltsrecht entnommen ist und nicht an das Kindeswohl anknüpft. Besser wäre es, an die rein faktische Lebensgemeinschaft anzuknüpfen; denn die Kindeswohlprüfung wird schließlich im Adoptionsverfahren ohnehin umfangreich vorgenommen. Einer zusätzlichen formalen Hürde in Form einer Frist bedarf es daneben nicht.

Zweitens. Kinder in nichtehelichen Pflegefamilien werden nach wie vor benachteiligt, weil sie nicht gemeinschaftlich adoptiert werden können, sondern erst durch den einen und danach durch den anderen Pflegeelternteil. Sie hätten sich besser dazu durchringen sollen, die gemeinschaftliche Fremdadoption auch für nichteheliche Paare generell möglich zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Wird ein Kind in eine gleichgeschlechtliche Beziehung hineingeboren, handelt es sich um seine Ursprungsfamilie. Es ist eine nicht zu rechtfertigende Härte, dem Kind seinen zweiten Elternteil vier Jahre lang vorzuenthalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier sollte statt einer Adoption eine abstammungsrechtliche Lösung möglich sein. Den entsprechenden Gesetzentwurf für die Anerkennung durch die Co-Mutter haben wir heute mit aufgesetzt.

(Beifall der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Fazit: Sie schaffen künstliche Hürden jenseits der Kindeswohlprüfung, die es bei einer Adoption durch Ehegatten so nicht gibt. Dabei übersehen Sie, dass die Stiefkindadoption letztlich ohnehin nur erfolgt, wenn dem Kind bislang ein Elternteil fehlt und die Adoption zu seinem Wohle erfolgt. Es steht nicht zu befürchten, dass Eltern reihenweise leichtfertig ihre Kinder zur Adoption freigeben, nur weil der andere Elternteil eine neue Beziehung hat. Es geht hier um Kinder, die einen Elternteil verloren haben oder immer nur einen hatten und denen die Chance eingeräumt werden soll, wie andere Kinder auch zwei Elternteile zu haben.

Es geht hier auch nicht um Fremdadoption, sondern um Kinder, die in einer familiären Gemeinschaft leben und die rechtlich abgesichert werden sollen. Sie verlieren nichts, sondern gewinnen neben Sicherheit auch Unterhaltsansprüche und Erbrechte. Das Kind muss im Zentrum stehen, nicht die Ehe seiner Eltern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stellen Sie also endlich die eheliche und die nichteheliche Stieffamilie wirklich gleich. Lassen Sie gemeinschaftliche Adoptionen zu, unabhängig von dem Bestehen der Ehe, und geben Sie lesbischen Co-Müttern die Möglichkeit, das Kind der anderen anzuerkennen, so wie es nichtleibliche Väter auch tun können.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Nächste Rednerin in der Debatte ist für die Fraktion der SPD die Kollegin Susann Rüthrich.

(Beifall bei der SPD)