Rede von Karl Bär Stilllegung von Agrarflächen

Karl Bär MdB
22.06.2023

Karl Bär (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den demokratischen Fraktionen!

(Lachen des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD] – Bernd Schattner [AfD]: Also seid ihr raus!)

Man könnte sagen: „Und täglich grüßt das Murmeltier“; die Union will die Ökologisierung der Landwirtschaft einfach nicht. In Brüssel kämpfen Sie gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, gegen die Reduktion der Pestizide, und hier beantragen Sie, die für einen Landwirt, der Geld von der EU bekommt, bestehende Pflicht zur Stilllegung von 4 Prozent der Agrarflächen, die für die Natur vorgesehen sind, abzuschaffen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Weil das klug ist!)

Ich sage Ihnen: Wenn wir jetzt die Ökologisierung der Landwirtschaft unterlassen, dann wächst auf diesen Flächen mittelfristig genau so viel Nahrung, wie gerade Gas aus Nord Stream 2 kommt. Dieses Vorgehen von Ihnen ist einfach nur ein Zeichen dafür, wie kurzfristig Sie denken. Ohne mehr Vielfalt in der Landwirtschaft, ohne mehr Vielfalt in den Landschaften, auf den Äckern, in den Böden werden wir die Anpassung an den Klimawandel nicht schaffen.

Und Sie können sich jetzt gern wieder daran erfreuen, dass die FDP vielleicht ein bisschen anders auf die Sachen blickt als wir.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Das kennen wir schon!)

Das macht in der Opposition vielleicht Spaß. Herr Gero Hocker hat neulich in einer Sitzung gesagt: Zwischen uns beide passt nur ein Blatt Papier. – Gero, ich muss dir widersprechen: Zwischen uns beide kann Ina Latendorf vielleicht noch eine alte Marx/Engels-Gesamtausgabe abstellen.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ui, ui, ui! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Vergiftetes Lob! – Zuruf von der FDP: Vielleicht auch zwei!)

Aber dazu kommt es nicht; das ist überhaupt nicht der Punkt.

Das, worum es in der Demokratie geht, ist doch, dass wir uns zusammensetzen, unsere Differenzen ausdiskutieren und dass am Ende für das Gemeinwohl etwas Sinnvolles herauskommt.

(Martin Reichardt [AfD]: Es ist ganz wunderbar gelungen, dass da was herauskommt! Das war nur immer Mist!)

Wenn wir in zwei Jahren hier mit Beginn der Sommerpause in den Bundestagswahlkampf aufbrechen, dann will ich nicht, so wie das die bayerische Landesregierung gerade macht,

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Staatsregierung!)

auf alle anderen schimpfen. Dann will ich den Leuten sagen können, was ich für das Land erreicht habe und was ich noch vorhabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Franziska Kersten [SPD])

Ich hätte eine ganz großartige, eine ganz konkrete Idee, wie wir gleichzeitig etwas für die Umwelt tun und Flächen für die Nahrungsmittelproduktion freisetzen können: Hören wir doch auf, Getreide und Pflanzenöl zu Treibstoff zu verarbeiten und damit Verbrennungsmotore zu betreiben!

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Klimaschutz!)

Wir können uns doch nicht schönrechnen, dass Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und Andi Scheuer den Klimaschutz im Verkehr verpennt haben, indem wir Nahrungsmittel verbrennen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU])

Darum geht es letztendlich. Dafür wird heute viel mehr Fläche verschwendet, als für die Natur vorgehalten werden muss, wenn Landwirte Subventionen von der EU bekommen. Noch mehr Fläche als dafür – gerade auch außerhalb der EU – verbraucht die deutsche Tierindustrie, um Tiere zu mästen. Wenn Sie von der Union jetzt die Frage „Fleisch oder nicht Fleisch?“ zum großen Kulturkampf machen, dann verlieren dabei am Ende alle; denn das macht nur Fronten auf, wo keine Fronten sind.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Die Fronten machen Sie doch auf!)

Jeder, der heute vegan oder vegetarisch lebt, der hat doch Familienmitglieder, der hat doch Freunde und Freundinnen, die selber gern Fleisch essen. Und jeder, der gerne viel Fleisch ist, der kennt doch Leute, die das nicht machen.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ja, das können die ja auch gerne tun!)

– Genau, das können alle gerne tun.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Genau! – Zuruf von der AfD: 10 Tonnen Fleisch am Tag!)

Das ist nicht die Front, die wir haben. Aber wenn die Gesellschaft Schritt für Schritt immer weniger Fleisch isst, dann ist das doch etwas, wodurch alle gewinnen:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dann gewinnen die Bäuerinnen und Bauern, die hochwertige Produkte erzeugen und ihre Tiere hochwertig ernähren. Dann gewinnt auch die Umwelt. Dann gewinnt die Gesundheit, und dann gewinnen die Menschen in anderen Ländern, die sich Getreide oder Soja kaufen können, das wir nicht an Tiere verfüttert haben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das Wort erhält Artur Auernhammer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Ja, jetzt wird mal einer Licht ins Dunkel bringen!)