Rede von Tabea Rößner Telekommunikationsgesetz

18.10.2018

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Um gleich auf den Punkt zu kommen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Telekommunikationsgesetz werden notwendige Änderungen vorgenommen, denen ich nicht viel entgegensetzen mag. Die Anpassungen in § 35 TKG waren aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen notwendig. Auch die Umsetzung der europäischen Geoblocking-Verordnung ist ein wichtiger Schritt für einen gemeinsamen Europäischen Binnenmarkt, der ungerechtfertigter Diskriminierung von Verbraucherinnen und Verbrauchern aufgrund des Wohnsitzes einen Riegel vorschiebt.

Die Verordnung hat digitale Medien wie Filme ausgenommen. Das kann angesichts der digitalen Entwicklungen langfristig nicht die Lösung sein. Allerdings müssen hier zwingend eine faire Vergütung der Kreativen und die Grundlage einer florierenden und vielfältigen Kulturlandschaft sichergestellt werden. Hier brauchen wir dringend Lösungen für nachhaltige Finanzierungsmodelle.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher wenig spektakulär. Ich frage mich, warum die Bundesregierung nicht die Chance genutzt hat, systematisch die vielen verschiedenen Verbraucher-Dauerärgerthemen im Telekommunikationsgesetz anzugehen. Die stetig steigende Anzahl an Beschwerden zeigt doch sehr deutlich, wie groß der Handlungsbedarf ist. Fragen Sie doch mal die Verbraucherinnen und Verbraucher; die können ein Lied davon singen.

Beispiel Internetgeschwindigkeit: Die ist regelmäßig weit von dem entfernt, was in Werbung und Verträgen versprochen wird. Das grenzt an Täuschung. Um dem ein Ende zu setzen, braucht es unbedingt transparente und verbindliche Breitband-Mindeststandards sowie spürbare Sanktionen und praktikable Entschädigungsmöglichkeiten. Daher fordern wir schon lange pauschalisierte Schadenersatzansprüche, ein Sonderkündigungsrecht und ein Recht auf Tarifanpassung.

Ein weiteres Verbraucherärgernis: Auf der Handyrechnung erscheinen Abbuchungen, die man sich nicht erklären kann. Diesen unzulässigen Abbuchungen und Abofallen über die Mobilfunkrechnung, sogenanntes „WAP-Billing“, sind Sie mit dem Bestätigungsverfahren nur zur Hälfte entgegengetreten. Für Verbraucher wäre es wichtig, dass sie ihre gewünschten Anbieter gezielt für diese Bezahlmethode zulassen können, zum Beispiel mit einer voreingestellten Drittanbietersperre, die pauschal oder selektiv aufgehoben werden kann.

Oder nehmen wir Telefonverträge: Statt 24‑monatiger Laufzeit und automatischer Verlängerung wären maximale Mindestvertragslaufzeiten von 12 Monaten und im Anschluss monatliche Kündigungsfristen angesichts des heutigen dynamischen Marktes zeitgemäß.

Bei unerlaubter Telefonwerbung und untergeschobenen Verträgen haben Sie gerade einen Denkzettel verpasst bekommen. Die Beschwerdezahlen stehen auf Höchstniveau. Mit anderen Worten: Ihr Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken wirkt nicht. Dafür haben wir Vorschläge gemacht: Die Bestätigungslösung sollte endlich für alle telefonisch angebahnten Verträge gelten. Wir brauchen konkrete Voraussetzungen für werbliche Telefonanrufe, eine bessere Personalausstattung sowie weitere Sanktionsmöglichkeiten der Bundesnetzagentur.

Und bevor Ihnen langweilig wird, habe ich noch weitere Themen: überlange Warteschleifen, Probleme beim Anbieterwechsel, Pakete, die nicht zugestellt werden, und, und, und.

Bei alledem haben Sie wieder keine Lösungen auf den Weg gebracht und die Chance verstreichen lassen, endlich für einen besseren Verbraucherschutz zu sorgen. Das ist bedenklich; denn mit dem fehlenden Engagement im Verbraucherschutz steigt die Enttäuschung gegenüber der Politik. Das bestätigt auch der aktuelle Verbraucherreport. Diese Zahlen sollten Ihnen zu denken geben – zumal uns Grünen da am meisten zugetraut wird. Ich stelle also gerne unsere Expertise zur Verfügung und helfe Ihnen auf die Sprünge.