Rede von Cem Özdemir Tierarzneimittel

Foto von Cem Özdemir MdB
13.10.2022

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und

Landwirtschaft:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Antibiotikaresistenzen sind eines der größten Gesundheitsprobleme unserer Zeit. Manche sprechen

gar von der „stillen Pandemie“. Wenn wir auch in Zukunft etwas Wirkungsvolles gegen Krankheiten bei Mensch und Tier in der Hand haben wollen, müssen wir den

Einsatz von Antibiotika weiter absenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Mit der Änderung des Tierarzneimittelgesetzes und weiterer Vorschriften kommen wir dabei einen großen Schritt voran.

Erstens müssen Tierärztinnen und Tierärzte ab dem nächsten Jahr die Anwendung von Antibiotika bei allen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten melden.

Das schafft endlich mehr Transparenz.

Zweitens nehmen wir weitere Nutzungsarten auf: Milchkühe, Jung- und Legehennen, Sauen mit Saugferkeln und zugekaufte Kälber. Die Wissenschaft weist

uns darauf hin, dass es hier spürbare Reduktionspotenziale gibt.

Drittens stärken wir die zuständigen Überwachungsbehörden. Sie sind künftig gesetzlich verpflichtet, Anordnungen und Maßnahmen zu treffen, wenn dies

zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in einem tierhaltenden Betrieb erforderlich ist. Das sorgt für Klarheit.

Und viertens soll es einen Wichtungsfaktor bei solchen Antibiotika geben, die aufgrund ihrer therapeutischen Relevanz eine kritische Bedeutung haben,

zum Beispiel Fluorchinolone. Das sorgt dafür, dass diese Wirkstoffklassen so selten wie möglich eingesetzt werden; denn Antibiotika mit kritischer Bedeutung

müssen wirksam bleiben bei schwersten Erkrankungen von Mensch und Tier. Das ist gerade dann immens wichtig, wenn es überhaupt kein anderes Medikament mehr

gibt.

Klar ist aber auch: Bei allen Bestrebungen nach Antibiotikaminimierung gebietet es geradezu der Tierschutz, dass kranke Tiere weiter behandelt werden

können. Die Anwendung muss aber auf das therapeutisch unvermeidbare Minimum reduziert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist übrigens nicht nur eine Frage der Tiergesundheit, sondern in der Regel auch eine Frage der Tierhaltung – das will ich ausdrücklich sagen –;

denn zu viele Antibiotika im Stall sind immer auch ein Zeugnis dafür, dass Tiere offensichtlich falsch gehalten werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aus diesem Grund packen wir den Wandel hin zu einer zukunftsfesten Tierhaltung entschieden an. Gerade erst am Mittwoch haben wir im Bundeskabinett das

Tierhaltungskennzeichnungsgesetz beschlossen, und wir haben auch in der Koalition dazu eine wichtige Einigung erzielt, wofür ich mich ausdrücklich bedanken

möchte. Die Anschubfinanzierung von 1 Milliarde Euro kann jetzt sowohl für Investitionen in den Umbau der Ställe verwendet werden als auch für laufende

Mehrausgaben, wenn weniger Tiere künftig besser gehalten werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist ein ganz wichtiges Signal an unsere Landwirtinnen und Landwirte, auf das sie schon lange gewartet haben auf dem Weg hin zu einer

zukunftssicheren Landwirtschaft. Das ist auch ein wichtiges Signal an unsere Verbraucherinnen und Verbraucher, um ebenfalls dem Wunsch nach einer besseren

Tierhaltung nachzukommen.

So wie wir das heute auf der Tagesordnung stehende Arzneimittelgesetz hoffentlich verabschieden, wird das ein weiterer wichtiger Schritt sein auf dem

Weg hin zu einer zukunftsfesten Tierhaltung. Meine Damen, meine Herren, bitte stimmen Sie unserem Vorhaben zu. Die Zeit ist reif.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Minister. – Nächster Redner ist der Kollege Dieter Stier, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)