Robin Wagener MdB
18.01.2024

Robin Wagener (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Anträge der AfD, mit denen wir heute unsere wertvolle Plenarzeit vergeuden,

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Schöne Haltung zur Demokratie!)

sollten uns Ansporn sein, die Sanktionen gegen Russland noch weiter zu verschärfen; denn offensichtlich funktioniert die Propagandamaschinerie des Kremls noch relativ gut. Mich wundert, ehrlich gesagt, wenn ich mir die Anträge anschaue, dass Sie diese intellektuelle Kapitulationserklärung rechtsradikaler Außenpolitik nicht gleich auf Russisch eingebracht haben. Das hätte es jedenfalls dem Propagandaapparat im Kreml einfacher gemacht, sie direkt zu verwerten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber es ist konsequent, dass Herr Markus Frohnmaier, eine der schillerndsten Moskauer Marionetten, federführend das Einstellen deutscher Unterstützung für die Ukraine fordert.

(Markus Frohnmaier [AfD]: Ui!)

Begründung: Russland müsse das Land erst vollständig in Schutt und Asche legen – eine wirklich bestechende Logik.

(Zuruf von der AfD: Richtig lesen können Sie nicht!)

Es ist der Markus Frohnmaier, dessen ehemaliger Mitarbeiter vermutlich Terroranschläge gegen die Ukraine finanzierte;

(Enrico Komning [AfD]: Ihr mit euren Vermutungen! Tatsachen, nicht Vermutungen!)

der Markus Frohnmaier, der illegal auf die russisch besetzte Krim reiste, und eben der Markus Frohnmaier, der sich bei den gefälschten Präsidentschaftswahlen 2018 in Russland als vermeintlicher Wahlbeobachter inszenieren ließ.

(Johannes Schraps [SPD]: Genau der!)

Ich gratuliere Ihnen, Herr Frohnmaier – Sie sind sogar da –: Mit Ihrem Papierchen erhalten Sie sicher ein Fleißbienchen vom russischen Botschafter.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus werden Sie damit jedenfalls nicht überzeugen. Wir stehen fest und unverbrüchlich an der Seite unserer ukrainischen Freundinnen und Freunde und Partner. Wir werden unsere Unterstützung verstetigen und die Ukraine weiter bei der Verteidigung, beim Wiederaufbau und auf dem Weg in die EU und in die NATO unterstützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Dann kommen wir zum zweiten Antrag, dem Gauland-Putin-Pakt vom vergangenen Jahr – ein weiterer sicherheitspolitischer Blindgänger mit Drucksachennummer. Sie wollen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine dadurch beenden, dass Sie die Ukraine erpressen. Sie wollen das Land erpressen, das sein Recht auf Selbstverteidigung ausübt und unsere europäische Friedensordnung verteidigt. In Ihrem Papier heißt es – ich zitiere, so weh das tut –, es wäre „ein erster Schritt, die politische, militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine an die Verhandlungsbereitschaft Kiews zu ernsthaften Friedensgesprächen zu knüpfen“. Das ist die klassische Täter-Opfer-Umkehr, wie sie in diesen Kreisen wohl üblich ist.

(Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])

Die Verantwortung für den Frieden suchen Sie nicht beim Aggressor, sondern beim Opfer von Gewalt, beim Opfer von Terror, von Folter und Verschleppung. Ich will da nicht mehr von „Entlarven“ sprechen, weil das ja bedeuten würde, dass es gegenüber allem bisher Bekannten etwas völlig Überraschendes wäre; aber es passt schon sehr deutlich in Denkmuster, die auch an anderen Stellen innenpolitisch zutage getreten sind.

(Johannes Schraps [SPD]: Völlig richtig!)

Sie verschweigen sehr bewusst, dass Russland, dass Putin einen genozidalen Angriffskrieg führt; vielmehr verharmlosen Sie den größten europäischen Landkrieg seit Ende des Zweiten Weltkriegs als einen „russisch-ukrainischen Konflikt“, wie Sie schreiben.

(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Nicht nur verharmlosen Sie die russischen Kriegsverbrechen, Sie fordern das Opfer der Gewalt auf, sich zu ergeben, sich zu fügen. Verklausuliert fordern Sie sogar, die Annexion der besetzten Gebiete zu akzeptieren. Das ist Unrecht, und das werden wir niemals akzeptieren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Und dann kommen wir zur nächsten Lüge: Der Westen, wir Deutsche, seien schuld an der „Instabilität und Spannung“ in beiden Ländern, so schreiben Sie. Auch hier herzlichen Glückwünsch für zehn von zehn Punkten auf der Putinʼschen Propagandaskala. Bei Russia Today werden jetzt sicherlich gerade Tränen des Stolzes verdrückt, wenn man das liest.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Sie kennen sich damit so gut aus! Das ist ja verdächtig!)

Nicht die vermeintlich „ideologische Unterstützung oppositioneller Gruppen“, wie Sie schreiben, durch die östliche Partnerschaft hat Spannungen verursacht, sondern die fortwährende russische Unterdrückung, die Willkür, Vetternwirtschaft, der russisch-imperiale Komplex eines Präsidenten, der seinem Land keinerlei Fortschritt brachte. Eben gegen jene russische Willkür und gegen die Gewalt dieses staatlichen Repressionsapparates sind Menschen damals auf die Straßen gegangen, auf den Euromaidan, und haben sich erfolgreich mit der Revolution der Würde durchgesetzt.

In rechtsradikalen Großmächtevorstellungen haben Menschen, mündige Bürgerinnen und Bürger, eine offene, freie und fordernde Zivilgesellschaft wahrscheinlich keinen Platz. Und trotzdem war es die freie und demokratische Grundsatzentscheidung der ukrainischen Gesellschaft, ihren Weg Richtung Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Sicherheit und Freiheit zu gehen – ein Weg, den Sie von der AfD versperren wollen; ein Weg, den Putin mit aller Gewalt bekämpfen will, weil dies den Machterhalt seines kleptokratischen Regimes gefährdet, weil er fürchtet, dass sich die Russen, wie bereits die Menschen in Belarus, ein Beispiel an der Ukraine nehmen und ihr Recht auf Würde einfordern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Mitte des Parlaments, das ist alles schon zu viel Redezeit für offenkundige Störmanöver. Den Schluss meiner Rede bekommt die sogenannte AfD nicht. Uns in der demokratischen Mitte eint der Widerstand gegen solche putintreuen Fantasien. Wir alle stehen fest an der Seite der Ukraine, an der Seite ihres Freiheitskampfes, an der Seite der Verteidigung ihres Landes, aber auch unserer Freiheit und Demokratie und der europäischen Friedensordnung.

Wir haben gemeinsam hier im Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, dass die Ukraine starke Unterstützung bekommt, inklusive der Lieferung schwerer Waffen und komplexer Systeme. Wir alle in diesem Haus wissen: Es ist nicht die Entscheidung des Deutschen Bundestages, sondern die Entscheidung der Bundesregierung, was konkret geliefert wird. Es liegt nach unserer Rechtsordnung nicht in der Kompetenz des Bundestages, sondern des Sicherheitskabinetts, über Fragen von Rüstungsexporten zu entscheiden. Deshalb sollten wir auch nicht so tun, als ob wir die Lieferung bestimmter Waffensysteme einfach im Parlament beschließen könnten.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage von dem fraktionslosen Abgeordneten Farle?

Robin Wagener (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein. – Aber unsere gemeinsamen Anträge trugen am Ende sicherlich dazu bei, dass die Ukraine die dringend benötigten Kampf- und Schützenpanzer bekommen hat. Ich weiß, es hätte schneller gehen müssen. Zu langes Zögern ist ein Grund für die militärische Entwicklung der vergangenen Monate; das haben wir hier auch schon thematisiert. Und doch: Deutschland hat geliefert.

Und so – das sage ich auch ganz selbstkritisch – geht meine eindringliche Bitte an Sie alle, an uns alle, an die Ampelfraktionen, an die Union und an die Bundesregierung: Lassen Sie uns weiter gemeinsam und entschlossen für die notwendige starke Unterstützung der Ukraine arbeiten, jetzt ganz akut für Taurus und für Munition, und auf lange Sicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn entschieden wird der Sieg des Rechts und der Friedensordnung nicht auf Twitter, nicht in politischen Punkten in innerdeutschen Debatten, sondern durch das, was am Ende ankommt. Dafür sind wir gemeinsam verantwortlich.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Knut Abraham [CDU/CSU])