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21.09.2023

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gesetzentwurf zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes – mein erster Gedanke: Vielleicht bringen CDU und CSU ja sinnvolle Vorschläge, wie wir unser mittlerweile völlig absurdes und unlogisches Umsatzsteuersystem sinnvoll reformieren können. Sie wissen ja: Kuhmilch 7 Prozent, Hafermilch 19 Prozent, Kartoffeln 7 Prozent, Süßkartoffeln 19 Prozent.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Und noch absurder: Tiernahrung 7 Prozent, Babynahrung 19 Prozent. Aber nein, konstruktive Vorschläge, das wäre zu viel verlangt von der Fraktion, zu der sich die Union mittlerweile entwickelt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Oho!)

Es geht Ihnen in dem Gesetzentwurf nicht um eine sinnvolle Reform der Umsatzsteuer, es geht Ihnen mal wieder um die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie. Schon zum vierten Mal seit letztem Jahr diskutieren wir hier darüber. Natürlich ist auch dieses Anliegen berechtigt; denn die Gastronomie hat harte Zeiten hinter sich: erst Lockdown, Umsatzeinbußen in Coronazeiten, dann stark gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel. Die reduzierte Umsatzsteuer von 7 Prozent für Essen in Restaurants und Wirtshäusern hat der Gastronomie wieder auf die Beine geholfen. Und auch in Zukunft hätte die reduzierte Umsatzsteuer positive Effekte – keine Frage. Die Gastronominnen und Gastronomen müssten die Preise nicht erhöhen. Vor allem als Tourismuspolitiker sehe ich, wie sinnvoll die reduzierte Umsatzsteuer wäre.

Trotzdem muss ich und müssen wir in der Koalition verantwortungsvolle Politik machen. Das bedeutet: Jede politische Maßnahme muss auch gegenfinanziert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Dann fangen Sie doch an damit!)

Die entscheidenden Fragen lauten also: Wie sollen wir die 1,8 Milliarden Euro finanzieren, die allein der Bund weniger an Steuergeld einnehmen würde? Wo sollen wir Gelder kürzen, um die Mehrwertsteuer für Essen in Wirtshäusern bei 7 Prozent zu belassen? Und wo nehmen Länder und Kommunen die weiteren gut 1,5 Milliarden Euro her? An diesem Punkt unterscheiden sich die Ampelfraktionen von der Union; denn auf diese entscheidenden Fragen haben Sie keine Antwort.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Nina Warken [CDU/CSU])

Im Gesetzentwurf findet sich kein einziges Wort zur Gegenfinanzierung, kein Wort, wie Sie diese Steuerermäßigung kompensieren wollen. Das ist verantwortungslos und unseriös! Allein aus diesem Grund ist der Gesetzentwurf abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Die Haushaltsverhandlungen haben erst angefangen. Als verantwortungsvolle Regierungskoalition werden wir ganz genau schauen, welchen finanziellen Spielraum wir haben. Und ich hoffe, dass wir ihn finden.

Ein ganz kurzes Wort noch zum Entschließungsantrag: Anreize zu schaffen, damit Menschen mehr als 40 Stunden die Woche arbeiten, das löst weder den Arbeitskräftemangel, noch ermöglicht es die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung! Das stimmt gar nicht!)

Und an die vielen Frauen in der Tourismusbranche richtet sich Ihr Antrag überhaupt nicht. So viel Realitätsferne hat mich dann doch überrascht, liebe Union.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Fritz Güntzler hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)