Rede von Katharina Beck Umsatzsteuer auf Gaslieferungen

Katharina Beck MdB
30.09.2022

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Zur Union nur so viel: Erst uns von Putins Gas abhängig machen, dann unfassbar viel fordern und überhaupt nicht sagen, wie das finanziert werden soll, das ist unseriös.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wer hat denn noch moderne Gaskraftwerke in den Koalitionsvertrag geschrieben?)

Zum Thema. Die Gaspreise und die Energiekosten müssen jetzt sinken. 40 Prozent der Menschen in Deutschland haben keine Rücklagen. 33 Millionen Menschen in Deutschland haben also keinen Puffer, jetzt Hunderte von Euro Mehrkosten zu stemmen. Diese krasse Energiepreiskrise trifft Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen deutlich härter als andere; es ist wichtig, das immer vor Augen zu haben.

Die circa 13 Milliarden Euro schwere befristete Mehrwertsteuersenkung bei Gas und Fernwärme kann einen Beitrag zur Entlastung leisten. Bei vollständiger Weitergabe an die Endverbraucher/-innen würden die Preise um circa 10 Prozent gedämpft; das ist gut. Aber die Preisentwicklung ist viel extremer. Die Verbraucherpreise beim Gas sind im September um außerordentliche 230 Prozent gestiegen – dramatisch vor allem für die vielen ohne Rücklagen. Daher ist es so gut, dass die Mehrwertsteuersenkung Teil eines größeren Konzepts ist. Nach bisher 95 Milliarden Euro in drei Entlastungspaketen hat die Regierung gestern einen 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm vorgeschlagen, mit dem der Gas- und Strompreiskrise auf der Angebotsseite – das ist so wichtig – mit nie dagewesenen Preisbremsen begegnet werden soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Neben dem herausragenden Kraftakt, die Gasspeicher trotz Putin zu füllen, nun ein weiterer entscheidender Schritt dieser Ampel!

Es ist sehr gut, dass bei der Strompreisbremse ein Basisverbrauch, und zwar für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen und KMUs, subventioniert werden soll und bei der Gaspreisbremse Ähnliches vorgesehen ist. Auch dass die Zufallsgewinne der Stromproduzenten bei der Strompreisbremse zur Finanzierung herangezogen werden, ist ein sehr guter Mechanismus der breiten Finanzierung.

Wir drücken dem Wirtschaftsminister die Daumen, der in diesen Momenten beim Treffen der EU-Energieminister verhandelt, dass eine funktionierende Abschöpfung der Übergewinne, auch der fossilen Energien, beschlossen wird – der Energien, die diese Preiskrise überhaupt erst ausgelöst haben. Diese Übergewinne werden unter anderem auch auf dem Rücken der Autofahrerinnen und Autofahrer erzielt, die nach wie vor fast 50 Prozent an zusätzlicher Gewinnmarge mehr als früher zahlen müssen, und zwar nur wegen der Marktmacht, die wir nun auch endlich mit dem Kartellrecht angehen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Noch mal zur Umsatzsteuer. Der Gasverbrauch in Deutschland erfolgt zu zwei Dritteln durch die Wirtschaft. Die Mehrwertsteuersenkung beim Gaspreis kommt bei den unter den Preisen leidenden Kleinst- und Kleinunternehmen, bei den Selbstständigen und im Mittelstand leider nicht an; denn die Mehrwertsteuer ist für sie ein durchlaufender Posten. Und auch deswegen ist es so wichtig, dass die Finanzierung für das Energiekostendämpfungsprogramm und für die Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen nun durch den Abwehrschirm gesichert ist. Hier wollen und werden wir nun sehr schnell ins Handeln kommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir haben im Bundestag mit dafür gesorgt, dass für die Verbraucher/-innen auch Fernwärme begünstigt besteuert wird. Rund 6 Millionen Haushalte werden in Deutschland mit Fernwärme beheizt, der Großteil Mietwohnungen. Es ist wichtig, gerade diese zu entlasten.

Trotzdem muss man objektiv sagen: Umsatzsteuersenkungen sind weder ökonomisch noch sozial die besten Instrumente zur Entlastung. Dass sie an die Verbraucher/-innen weitergegeben werden, kann der Staat leider nicht garantieren, und außerdem entlastet man diejenigen, die viel verbrauchen und tendenziell mehr Geld haben, mehr als diejenigen, die wenig verbrauchen und tendenziell weniger Geld haben. Trotzdem ist das Gesamtpaket sehr, sehr gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Auch wenn es nach einem solch großen Betrag gestern seltsam klingen mag: Ich muss leider warnen und fordere, dass wir weiterschauen, ob wir die vielen Millionen Menschen, die überhaupt keine Rücklagen haben, ausreichend unterstützen. Sie brauchen es am meisten. Darauf müssen wir weiter achten.

Ich freue mich auf die weitere sehr gute, konstruktive Zusammenarbeit mit meinen Ampelpartnern und Ampelpartnerinnen und meiner Fraktion.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die Fraktion Die Linke Christian Leye.

(Beifall bei der LINKEN)