Rede von Karoline Otte Unterbringung von Geflüchteten

Karoline Otte MdB
15.03.2024

Karoline Otte (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Länder und Kommunen in der Migrationskrise nicht im Stich lassen“, so betitelt die Union ihren Antrag. Name ist dabei keinesfalls Programm. Maßnahmen, die den Kommunen schnell und konstruktiv helfen, sucht man in Ihrem Antrag leider vergeblich. Von Maßnahmen zur besseren Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt oder auch stärkerer finanzieller Unterstützung für Städte, Gemeinden und Landkreise ist an keiner Stelle zu lesen.

Im Antrag reihen sich stattdessen die altbekannten Scheinlösungen aneinander. Ich will das an einem Beispiel, das gerade in der Debatte ist, deutlich machen, nämlich der Bezahlkarte. Kommt die Bezahlkarte nach den Plänen der CDU Berlin, dann kostet sie das Land circa 10 Millionen Euro pro Jahr.

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Für Bayern ist das anders!)

Das bisherige Verfahren verursacht nicht mal 5 Prozent dieser Kosten, nämlich 360 000 Euro an Personalkosten. Das ist blanker Irrsinn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Überweisungen nicht möglich und maximal 50 Euro Bargeld im Monat, das sind unter anderem die Regulierungen, die in vielen Ländern für die Bezahlkarte im Raum stehen. Selbst wenn ich mich in die Position hineinversetze, geflüchtete Menschen seien mir egal und deren Würde stelle ich mal ganz hintenan, dann muss ich doch feststellen, dass hierdurch geflüchtete Menschen ganz aktiv davon abgehalten werden, sich um sich selber zu kümmern. Am Ende müssen das dann die Städte und Gemeinden vor Ort richten. Wenn ich Möbel und Klamotten nicht mehr Second Hand kaufen kann, wenn das Schulmittagessen und das Busticket nicht mehr bezahlt werden können, wenn das Kopiergeld, das die Lehrerin einsammeln will, einfach fehlt, dann wird das für unsere Städte und Gemeinden vor Ort zum Problem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum dann das Ganze? Die Union glaubt, dass weniger Menschen nach Deutschland fliehen, wenn man Menschen, die hier sind, einfach noch ein bisschen schlechter behandelt. Grundrechte sollen immer stärker eingeschränkt werden, und zwar so sehr, dass die Union jetzt eine Grundgesetzergänzung fordern muss, damit ihre Vorschläge, Geflüchtete noch weiter unterhalb des Existenzminimums zu drängen, nicht von vornherein gegen unsere Verfassung verstoßen. Na, herzlichen Glückwunsch! Als Begründung für diese massiven Grundrechtseinschränkungen muss dann das Märchen vom Pull-Faktor herhalten. Dabei gibt es in der Wissenschaft einen breiten Konsens darüber, dass das absoluter Quatsch ist:

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Weder Ländern noch Kommunen noch Geflüchteten helfen Sie mit Ihrem Antrag.

Bis 2030 fehlen in Deutschland bis zu 3 Millionen Fach- und Arbeitskräfte.

(Zuruf von der AfD)

Gleichzeitig werden Geflüchteten aber bei der Jobaufnahme viel zu oft Steine in den Weg gelegt – das hat mein Kollege Emmerich schon ausgeführt – durch lange Arbeitsverbote, bürokratische Hürden und im Zweifel auch mal durch die Rücknahme einer Arbeitsgenehmigung. Statt am Grundrecht auf Asyl zu sägen, wie es die Union hier tut, müssen wir endlich Arbeitsverbote abschaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Und wir müssen die Kommunen weiter bei ihrer wichtigen Arbeit vor Ort unterstützen. Es braucht vor allem auch Geld, um Geflüchtete aufzunehmen und Integration möglich zu machen. Das brauchen wir in den Kommunen vor Ort. Davon würden wir alle profitieren. Von Ihrem Antrag profitiert leider niemand.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner Friedhelm Boginski.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Marcel Emmerich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])