Rede von Tabea Rößner Verbraucherschutz

Foto von Tabea Rößner MdB
29.09.2022

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Unionsfraktion, den wir heute abschließend beraten, trägt den Titel „Bewusste Kaufentscheidungen fördern – Verlässliche und relevante Verbraucherinformation stärken“. Das klingt ja erst mal schön und richtig, aber eine Frage sei mir dann doch erlaubt: Wo sind Sie denn die vergangenen 16 Jahre gewesen?

(Nina Warken [CDU/CSU]: Kalter Kaffee!)

Dass die Union plötzlich Themen für sich entdeckt, die sie die vergangenen Legislaturperioden vernachlässigt oder sogar vehement blockiert hat, ist ja nichts Neues, und sicher stehen auch ein paar vernünftige Punkte in Ihrem Bauchladen an Forderungen drin. Aber es doch ziemlich wohlfeil, wenn Sie hier eine „umfassende und verbindliche“ Lebensmittelkennzeichnung fordern, die Julia Klöckner, Mitglied der Unionsfraktion und – Achtung! – frühere Landwirtschaftsministerin, jahrelang verweigert hat.

(Stephan Brandner [AfD]: Was Sie alles wissen!)

Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, das jetzt in der Opposition zu fordern!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ihr Antrag mag ja Tatkraft simulieren, bei genauem Betrachten fällt sie aber komplett in sich zusammen. Und ein Punkt, den Sie offenbar auch noch nicht begriffen haben: Verbraucherschutz funktioniert eben anders. Ja, Verbraucherinformation ist wichtig, sie ist aber kein Allheilmittel. Sie muss sinnvoll aufbereitet sein, und zwar so, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher sie wahrnehmen und auch verstehen können.

Als Digitalpolitikerin finde ich ja den Vorschlag, mithilfe von QR‑Codes auf Produktinformationen zuzugreifen, nicht verkehrt. Der Vorschlag ist aber nicht neu. Mit CodeCheck und anderen Anwendungen gibt es so was ja bereits. Wenn aber notwendige Informationen nur noch digital abrufbar sind, schließt man bestimmte Verbraucherinnen und Verbraucher doch aus. Viele wissen nicht mal, was ein QR‑Code ist, geschweige denn, dass sie ihn scannen können – mal abgesehen von denen, die gar kein Smartphone haben. Notwendige Infos müssen daher auch weiterhin auf der Produktverpackung bleiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Was aber sicher kommen wird, ist der digitale Produktpass. Damit sind ja ein paar Ihrer Forderungen bereits übererfüllt. Der wird nämlich noch viel mehr Angaben enthalten, zum Beispiel zur Lebensdauer, Reparatur, Herkunft und Entsorgung. Damit kann der Ressourcenverbrauch deutlich reduziert werden. Mit dem digitalen Produktpass schützen wir also nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch Umwelt und Klima.

Den Reparaturindex haben Sie übrigens völlig vergessen. Dabei wollen Verbraucher/-innen doch wissen, ob das Produkt, das sie kaufen, repariert werden kann. Um dem Anspruch der Nachhaltigkeit zu entsprechen, sollten zukünftig alle Geräte reparierbar sein. Deshalb brauchen wir Nachhaltigkeit by Design, damit die Langlebigkeit von Produkten zum Standard wird. Das stärkt die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wo Sie noch mal in sich gehen müssen, ist Ihre Forderung zu Dark Patterns. Offenbar haben Sie gar nicht richtig verstanden, wozu die eingesetzt werden. Mit Dark Patterns werden Nutzerinnen und Nutzer zu Handlungen verleitet, die ihren eigenen Interessen entgegenstehen. Wenn Sie die Untersuchung von Dark Patterns fordern, um „daraus verbraucherfreundliche Empfehlungen abzuleiten“, widerspricht das doch komplett dem Gedanken Ihres Antrags, selbstbestimmtes und informiertes Handeln der Verbraucherinnen und Verbraucher zu fördern. Besser wäre es, Dark Patterns zu verbieten und so diesen intransparenten Praktiken endlich einen Riegel vorzuschieben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich muss also feststellen: Die Union will nicht die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern stärken, sondern die Verantwortung auf diese abwälzen. Verbraucherschutz, liebe Union, funktioniert nun mal anders. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Volker Mayer-Lay ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Hirte [CDU/CSU]: Guter Mann!)