Foto von Stefan Schmidt MdB
22.09.2022

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Karliczek, wir sind draußen bei den Menschen. Wir reden mit Unternehmen. Ich als Tourismuspolitiker bin auch regelmäßig in Wirtshäusern, in Gaststätten in meinem Wahlkreis.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der AfD und der LINKEN – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Zum Biertrinken!)

– Was habe ich denn gesagt? – Ich höre die akuten Sorgen, die geäußert werden: Corona, steigende Einkaufspreise, steigende Energiepreise, Inflation. In Krisenzeiten müssen wir unseren kleinen, unseren mittelständischen Unternehmen helfen, sie unterstützen, vor allem die schwer gebeutelte Gastronomie.

Das tun wir als Ampelkoalition mit dem Rettungsschirm für Unternehmen, mit unseren Entlastungspaketen und, ja, auch mit der gezielten Krisenhilfe, jetzt mit der Maßnahme: Wir verlängern die Geltungsdauer der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie um ein weiteres Jahr bis zum Ende 2023. Das ist sinnvoll. Wir verhindern damit, dass die Gastronomie Preise auf Speisen übermäßig erhöhen muss und dadurch erhebliche Umsatzeinbußen riskiert. Das ist eine gute und richtige Entscheidung für die Gastronomie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ihre Forderung hingegen, die Mehrwertsteuer dauerhaft zu reduzieren, halten wir für falsch. Warum sollte diese Regelung dauerhaft entfristet werden? Dafür gibt es durchaus ein paar Argumente. In der Gesamtschau überzeugen sie mich aber nicht. Sie ignorieren, wie teuer eine dauerhafte Mehrwertsteuerreduzierung für Bund und Länder wäre: jedes Jahr 3,3 Milliarden Euro. Davon müssen die Länder etwa die Hälfte zahlen. Nicht mal Ihre eigenen, die unionsgeführten Länder sind bereit, diese Kosten dauerhaft zu tragen.

(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Nordrhein-Westfalen hat das sogar im Koalitionsvertrag stehen!)

Eine teure, dauerhafte Unternehmenssubvention, die muss wirklich gut überlegt werden. Die Mehrwertsteuer, die doch jetzt schon mehr Ausnahme als Regel ist, ist hierfür mit Sicherheit das falsche Instrument.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])

Dieses Bild hat im Übrigen auch die Expertenanhörung sehr deutlich gemacht. Keiner der Experten hat gesagt: Das ist eine richtig gute Lösung. Eher im Gegenteil. Sie haben gesagt: Über die Mehrwertsteuer hier Effekte zu schaffen, das wird nicht gelingen.

(Sascha Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau so war das!)

Ich bin als Tourismuspolitiker in Gaststätten, in Wirtshäusern viel unterwegs.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ständig da?)

– Ja, ja, ich bin da regelmäßig; keine Sorge.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb weiß ich auch um die Sorgen. Und ich weiß insbesondere um die Sorge, die Sie auch angesprochen haben: den akuten Arbeitskräftemangel, den Fachkräftemangel. Das ist doch die eigentlich große Herausforderung, die wir angehen müssen.

Wenn Restaurants wegen Personalmangel als Erstes ihre Karte reduzieren, dann die Öffnungszeiten einschränken und schließlich ganz zumachen, dann ist die Steuerhöhe egal. Da müssen wir ansetzen, liebe Union, liebe Frau Karliczek: bei dem Fachkräftemangel! Da erwarte ich mir von Ihnen auch ein bisschen mehr Unterstützung, also insbesondere eine dauerhafte Unterstützung für die Gastronomie.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Schmidt. – Lassen Sie sich nicht beirren, Herr Kollege Schmidt. Ich finde Ihre Unterstützung des gastronomischen Gewerbes vorbildlich.

(Heiterkeit)