Rede von Lukas Benner Verwaltungsgerichtliche Verfahren im Infrastrukturbereich

Lukas Benner MdB
10.02.2023

Lukas Benner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir alle kennen die Ausgangslage, mit der wir in diese Regierung gestartet sind. Es braucht zig Aktenordner für die Genehmigung einer einzelnen Windkraftanlage. Landauf, landab zerfallen die Brücken, und für eine neue Bahnstrecke braucht es 30 Jahre. Natürlich sorgt das für Frust und Verärgerung bei Bürgerinnen und Bürgern, bei Unternehmen, aber auch bei den Kommunen. Deswegen ist gerade die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ein, wenn nicht sogar das zentrale Aufgabenfeld dieser Koalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die gute Nachricht ist: Wir gehen genau hier entschieden voran. Wenn wir uns nur angucken, was wir bei der Windenergie schon geleistet haben mit der Flächensicherung, der Erleichterung von Genehmigungen, der Digitalisierung der Verfahren und dem überragenden öffentlichen Interesse, dann zeigt das ganz deutlich: Wir nehmen Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung ernst.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer Schritt auf diesem Weg ist die Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung, die Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich. Was machen wir hier? Wir haben drei entscheidende Säulen: mehr Flexibilität für Gerichte, Arbeitserleichterung und straffere Verfahren. Wir ermöglichen den Gerichten mehr Flexibilität, indem sie den schon vielfach erwähnten § 80c anwenden können. Sie können also die Fehlerheilung, die im behördlichen Verfahren schon gang und gäbe ist, jetzt auch im gerichtlichen Verfahren anerkennen und müssen keinen Baustopp verhängen, wenn der Fehler absehbar heilbar ist. Des Weiteren können die Gerichte endlich entscheiden, dass sie auch in kleinerer Besetzung die Entscheidung treffen können; damit schaffen wir enorme Personalressourcen.

Ein weiterer Punkt: Arbeitserleichterung. Endlich – man muss wirklich sagen: längst überfällig – machen wir digital durchsuchbare Dokumente bei Gerichten zur Verpflichtung. Weg frei für Strg F im Gerichtsverfahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Zudem geht es in dieser Novelle um Verfahrensstraffung. Wir haben die innerprozessuale Präklusion gestärkt. Wir haben Regelungen zur Klagebegründungsfrist im Netzausbau. Wir haben das Beschleunigungs- und das Vorranggebot. Wir holen also heraus, was im ersten Schritt herauszuholen ist. Natürlich gab es Kritik. Wir gehen mit dieser VwGO-Novelle neue Wege: die praxisnahe Unbeachtlichkeitsvorschrift im Eilrechtsschutz, die Entscheidung in kleiner Besetzung. Man muss doch sagen: Progressive Rechtspolitik erfordert Mut. Das gibt auch Gegenwind, aber das müssen wir wagen, wenn wir beschleunigen wollen. An dieses Gesetz sind wir herangegangen mit der ganz klaren Ambition zur Beschleunigung, ohne das mit populistischen Forderungen auf Kosten des Rechtsschutzes zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

An dieser Stelle möchte ich ganz besonders meinen Kollegen Dr. Thorsten Lieb und Kaweh Mansoori danken, aber auch Ihnen, Herr Dr. Buschmann, und Ihrem Haus für die gute Zusammenarbeit; denn wir haben im Vergleich zum Kabinettsentwurf noch einmal Potenziale herausgeholt, aber auch beim Rechtsschutz gestärkt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben bei § 80c nachgeschärft und gerade in der Begründung bei den unbestimmten Rechtsbegriffen ein bisschen nachpräzisiert, was wir denn mit „offensichtlich“ und „absehbarer Zeit“ meinen. Wir haben auch eine Fristvorschrift eingeführt, dass die Gerichte das Verfahren im Blick behalten sollen, dass sie eine Frist setzen sollen, um zu schauen, ob die Fehlerheilung eingetreten ist oder nicht. Und wir haben die schon vielfach erwähnte Kostentragungsregel. Denn wenn jemand seinen positiven Beitrag zur Fehlerheilung leistet, wenn jemand damit zur schnelleren Verwirklichung des Projektes beiträgt, dann bleibt er jetzt nicht mehr auf den Kosten sitzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Was diese Regeln dann wirklich an Beschleunigung bewirken, können wir nicht genau prognostizieren. Genau deswegen haben wir in diesen Entschließungsantrag weitere Ideen, aber auch eine Evaluation aufgenommen. Wir wollen noch in dieser Wahlperiode schauen, was wir erreicht haben und was wir noch erreichen wollen, liebe Freundinnen und Freunde.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

– Entschuldigung!

Bei Verfahrensbeschleunigungen gibt es nicht die eine Lösung. Es gibt ganz viele kleine Puzzlestücke auf dem Weg zu vernünftiger Planungs- und Verfahrensbeschleunigung. Die VwGO-Novelle ist natürlich nicht der große Wurf, der alle Probleme löst. Das hat aber doch auch niemand behauptet.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Na ja!)

Wir können uns aber auch nicht zurückziehen und sagen: Bei der Planung ist viel rauszuholen; lassen wir das Gerichtsverfahren außer Acht. – Wenn wir es ernst meinen – und das meinen wir als Fortschrittskoalition –, dann müssen wir jeden einzelnen Stein umdrehen und die Potenziale bergen für die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, und das tun wir mit diesem Gesetzentwurf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Zum Schluss. Liebe Unionsfraktion, ich verstehe ja, dass Sie wie auch Herr Mayer an Ihrer Kritik an § 6 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz festhalten. Der ist aber raus.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Warum ist der eigentlich raus? – Gegenruf von der CDU/CSU: Weil er schlecht war!)

Ich verstehe auch, dass Sie an der Kritik am frühen ersten Termin festhalten. Aber auch da haben wir nachgeschärft. Es gibt also keinen Grund mehr, warum nicht auch Sie zustimmen; denn dieses Gesetz bringt Beschleunigung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Nadine Schön [CDU/CSU]: Es ist ein schlechtes Gesetz!)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Susanne Hennig-Wellsow.

(Beifall bei der LINKEN)