Merle Spellerberg
21.09.2023

Merle Spellerberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen! Wie viele von Ihnen und euch war auch ich vergangene Woche bei den Invictus Games. Auf meine Teilnahme habe ich eine sehr kritische Nachricht erhalten: warum ich eigentlich da wäre, das habe ja mit feministischer Außenpolitik gar nichts zu tun.

Sie wissen, dass ich mich dafür sehr einsetze. Ich möchte Ihnen kurz darlegen, warum ich diese Aussage so unfassbar falsch und so unfassbar problematisch finde: Wir richten nicht nur bei den Invictus Games, sondern auch darüber hinaus den Blick auf die Bedürfnisse von Menschen, die seelische oder körperliche Verletzungen, mitunter Behinderungen aus einem Einsatz davontragen. Die Fürsorge für diese Menschen und die Versorgung dieser Menschen, die für unsere Demokratie und unsere Freiheit einstehen, sie verteidigen, die kann man durchaus auch als feministisch betiteln, wenn man das möchte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für diesen Einsatz gebührt ihnen unser Respekt.

Wenn Menschen verletzt nach Hause zurückkehren, dann zeigen wir diesen Respekt vor allem, indem wir sie bei der Rehabilitation und bei der Genesung unterstützen.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Ist aber ein komisches Rollenbild!)

Das ist ein Teil der menschlichen Dimension von Verteidigungspolitik.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wie viele meiner Kolleginnen bin ich im regelmäßigen Kontakt mit Soldatinnen, mit Einsatzveteranen, und die Sorgen, die ich aus diesen Gesprächen mitnehme, sind vielfältig: Es ist die Belastung durch den bürokratischen Aufwand, um die Unterstützung zu erhalten, die ihnen zusteht. Es sind finanzielle Sorgen. Es ist Sucht, die sich in Notlagen entwickelt. Es ist die Belastung der Angehörigen, insbesondere der Kinder. Für viele ist es die Sorge, dass ihre Familie an den Folgen des Einsatzes zerbricht. Für viele Angehörige ist es die Sorge, dass ihre Liebsten selber daran zerbrechen.

Wir stehen als Bundestag in der Verantwortung, uns um diese Sorgen zu kümmern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist langwierig, das ist schwierig, aber, liebe Kolleginnen, es ist auch wichtiger als nur ein symbolischer Tag.

Das Verfahren zur Ermittlung von Wehrdienstbeschädigungen muss überarbeitet werden. Die Verfahrensdauer muss verkürzt, die Antragsteller/-innen endlich entlastet werden, damit die Unterstützung die Einsatzgeschädigten schneller erreicht. Wir wollen die Zusammenarbeit mit dem zivilen Gesundheitssystem verbessern, damit die Menschen schneller genesen. Wir wollen Angehörige in allen Schritten mitdenken, in der Vor- und Nachbereitung von Einsätzen, insbesondere zum Beispiel durch die Ermöglichung von Familientherapien, Paartherapien. Zusätzlich dazu, liebe Kolleginnen, müssen wir auch gesellschaftliche Räume des Austausches und der Begegnung schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Kristian Klinck [SPD])

Wer sich mit den Verbänden unterhält, der weiß, dass es die verschiedensten Vorstellungen gibt, wie denn ein solcher Tag eigentlich aussehen sollte. Gerade deshalb sollten wir als Parlament uns mit diesen Wünschen und Erwartungen genau beschäftigen. Ich finde, dass eine öffentliche Anhörung mit Betroffenen, mit Angehörigen und mit Expertinnen ein guter Ort dafür wäre.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es gibt viele Möglichkeiten, den Menschen im Einsatz Respekt und Anerkennung zu zollen. Dazu gehören übrigens nicht nur Soldatinnen, sondern auch Polizistinnen, Expertinnen der globalen Entwicklungszusammenarbeit und der Friedensförderung.

Liebe Kolleginnen, ich freue mich darauf, die Lücken in der Versorgung der Einsatzveteraninnen mit Ihnen gemeinsam zu schließen. Es gibt genügend Politiker/-innen in diesen Reihen, die sich sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigen und wissen, dass es mehr braucht als nur den Veteranentag, und auf die Arbeit freue ich mich.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Die Rede von Ali Al-Dailami für Die Linke nehmen wir zu Protokoll. – Das Wort hat Christian Sauter für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)