Rede von Johannes Wagner Vorschaltgesetz jetzt beschließen und kalte Strukturbereinigung in der deutschen Krankenhauslandschaft verhindern

Johannes Wagner MdB
21.09.2023

Johannes Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss sich die aktuelle Situation und den Kontext dieser Debatte mal auf der Zunge zergehen lassen: In Bayern schreiben gerade neun von zehn Krankenhäusern rote Zahlen, und der bayerische Gesundheitsminister hat nichts Besseres zu tun, als eine Krankenhausreform zu blockieren, die zukünftig genau das verhindern soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Derweil veranstaltet die Unionsbundestagsfraktion einen Krankenhausgipfel – öffentlichkeitswirksam, aber ohne durchfinanzierte Konzepte.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ja, so ist es!)

Meine Damen und Herren, ja, die Lage ist angespannt, und wir wissen alle, warum: Die Pandemie führte zu geringeren Fallzahlen und Mehrkosten, Putins Krieg zu höheren Energiekosten und Inflation.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, Herr Pilsinger würde gerne eine Zwischenfrage stellen. Wollen Sie das zulassen?

Johannes Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Die CSU hat schon genug Redezeit. Jetzt führe ich erst mal meine Rede zu Ende.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Feigling!)

Wir müssen uns aber schon ehrlich machen: Vielen Kliniken und deren Mitarbeitenden ging es schon vor der Pandemie schlecht, und zwar, weil das aktuelle Fallpauschalensystem massive Fehlanreize generiert,

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Genau!)

und genau die wollen wir mit der Krankenhausreform, die Bayern blockiert, eigentlich ändern.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Anstatt jetzt daran mitzuarbeiten, begreifen Sie von der Union und speziell Sie von der CSU Ihre Oppositionsrolle nur mit: blockieren, blockieren, blockieren. Für ein billiges Berlin-Bashing blockieren Sie diesen wichtigen Systemwechsel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist gefährliche Wahlkampftaktik und geschieht auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten, meine Damen und Herren.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Schon mal was von der „bayerischen Krankenhaus-Milliarde“ gehört? Wahrscheinlich nicht!)

Natürlich ist klar, dass eine große Krankenhausreform nicht von heute auf morgen wirkt. Deswegen unterstützten wir vom Bund unsere Kliniken in Deutschland auch in den letzten Jahren durch alle Krisen hindurch – das wurde vorhin schon angesprochen –: 21 Milliarden Euro während der Pandemie, jetzt noch einmal 6 Milliarden Euro zum Energie- und Inflationsausgleich,

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Warum erst in der letzten Legislaturperiode?)

und da sind Gaspreisbremse, Strompreisbremse, Krankenhauszukunftsfonds noch gar nicht mitgerechnet – alles aus Bundesmitteln.

Und was machen Sie in Bayern, Sie, die eigentlich für Investitionen zuständig sind, Sie, die lange nach Souveränität schreien und wenn es ums Handeln und Bezahlen geht, lieber blockieren, abwinken und nach Berlin zeigen? Ihre Haltung ist doch: Wir lassen die Lage in Bayern eskalieren, und dann boxt uns der Bund doch wieder raus. – Das ist inakzeptabel. Das sage ich gerade in Ihre Richtung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Weil Bayern ja so ein strukturschwaches Land ist!)

– Herr Sorge, ich komme gerne mit Zahlen der DKG zu Bayern; denn gerade in Bayern sind die Fakten wirklich erschütternd, gerade wenn Sie sagen, es wäre so strukturstark.

Die Investitionsquote in Bayern ist in den letzten 30 Jahren real um über 40 Prozent gesunken. Das heißt, Bayern investiert zu wenig in seine eigenen Krankenhäuser,

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

obwohl es seine rechtliche Aufgabe und seine rechtliche Pflicht wäre.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn da los?)

Deswegen lassen Sie mich sagen: Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben, und stören Sie uns nicht dabei, unsere zu erledigen!

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Pilsinger möchte eine Kurzintervention vornehmen. Er ist ja auch angesprochen gewesen.