Rede von Cem Özdemir Weinbau

Foto von Cem Özdemir MdB
22.06.2023

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft:

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Es ist anscheinend schon gute Tradition bei uns, dass Reden zum Thema Wein in diesem Haus eher zu vorgerückter Stunde gehalten werden.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Leider, leider!)

Aber ein gutes Glas Wein genießt man in der Regel ja auch nicht am Morgen, sondern abends. Vielleicht ergibt sich bei dem einen oder anderen nach der Debatte noch die Gelegenheit dazu.

Ich danke meiner Fraktion, dass ich als Baden-Württemberger aus „The Länd“ heute zum Thema Wein sprechen darf. Schließlich liegt – ich weiß nicht, ob das alle wissen – eines der ältesten Weinanbaugebiete Deutschlands in „The Länd“, im 3B-Land bei Bietigheim-Bissingen, Besigheim und Bönnigheim. Baden-Württemberg ist ja nicht einfach nur der Süden Deutschlands, sondern der Weinsüden. Mittlerweile führen – leider ist das nicht nur eine gute Nachricht – die Klimaveränderungen dazu, dass die Regionen, in denen Weinbau möglich ist, ja quasi jährlich gen Norden wandern. Es gibt mittlerweile schon die Ostfriesische Winzergenossenschaft.

(Beifall der Abg. Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Man lernt dazu.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe die jetzt anstehenden Änderungen beim Weingesetz sehr gerne zum Anlass genommen, hier nicht nur als Ernährungs- und Landwirtschaftsminister, sondern eben auch als Ihr Weinminister zu sprechen. In dieser Eigenschaft habe ich die Interessen des Weinbaus in Deutschland natürlich fest im Blick. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt mit der Änderung des Weingesetzes dafür sorgen, dass die Branche die dringend notwendige Planungssicherheit bekommt und – ganz konkret – weiterhin Geld aus Brüssel. Gute Nachrichten kann diese Branche in diesen alles andere als einfachen Zeiten dringend brauchen.

Für mich ist klar: An der Qualität unseres deutschen Weines liegt es nicht, dass es die Branche gerade nicht leicht hat. Mit der Forderung nach mehr Werbung für die deutschen Weine, die hier ja bestimmt noch kommen wird, rennen Sie bei mir offene Türen ein. So habe ich erst kürzlich im Rahmen des Außenwirtschaftstags genau darauf aufmerksam gemacht. Wir müssen natürlich erst einmal in Deutschland, aber bitte auch im Ausland unsere guten deutschen Produkte – und dazu gehört auch unser deutscher Wein – stärker vermarkten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Meine Damen, meine Herren, lassen Sie mich von der hervorragenden Qualität unserer deutschen Weine noch auf zwei Herausforderungen zu sprechen kommen. Das eine ist das Thema „Sustainable Use Regulation“, das andere ist das Thema Kaliumphosphonat.

Zum Thema SUR ist hier ja schon viel gesagt worden, auch von mir. Deshalb möchte ich noch mal kurz betonen, wofür wir uns in Brüssel einsetzen. Das Ziel einer Reduzierung um 50 Prozent bei Pflanzenschutzmitteln bis 2030 teilen wir. Das orientiert sich übrigens an dem, was in Baden-Württemberg beim sogenannten Bienenreferendum als Kompromiss zwischen Bauernverband und Naturschutz schlauerweise erzielt wurde. Das teilen wir. Ich sage aber auch: Was das Handwerk, die praktische Umsetzung angeht, haben wir massive Kritik. Ich denke da beispielsweise an die Definition sogenannter sensibler Gebiete. Aber auch zum Referenzjahr besteht dringender Gesprächsbedarf.

(Zuruf des Abg. Dieter Stier [CDU/CSU])

Unsere Position ist: Schützen und nutzen gehört zusammen, das ist kein Gegensatz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das zweite Thema ist das Thema Kaliumphosphonat. Kaliumphosphonat ist ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff, den sich der Ökoweinbau seit vielen Jahren wünscht, auf den er dringend angewiesen ist, insbesondere zur Bekämpfung des Falschen Mehltaus; die Kenner hier werden das wissen. Leider ist Deutschland bereits zweimal in der Europäischen Kommission mit dem Antrag gescheitert, dass dieser Wirkstoff endlich in die Liste der im ökologischen Landbau zugelassenen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe aufgenommen wird. Ich bleibe dran. Aber ich will die Gelegenheit auch nutzen, insbesondere die Kollegen von der CDU/CSU anzusprechen und sie um Hilfe, um Unterstützung zu bitten. Die Kommissionspräsidentin, wahrscheinlich Ihre neue Spitzenkandidatin, trägt Ihre Farbe wie auch die Mehrheit der Kommissare, Sie haben die größte Fraktion im Europaparlament. Bitte helfen Sie uns, dass die Sonderkultur des Weinbaus, aber auch des Obstbaus in Deutschland eine Zukunft hat!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Helfen Sie uns beim Kaliumphosphonat! Wir brauchen da mehr Vernunft in Brüssel. Die Experten in meinem Haus stehen zur Verfügung, um das gemeinsam voranzubringen.

Meine Damen, meine Herren, ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit zu fortgeschrittener Stunde bedanken. Jetzt freue ich mich, nach der Debatte vielleicht noch ein Glas gemeinsam zu trinken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich mit Friedrich Hegel schließen: Im Wein liegt Wahrheit, und mit der stößt man manchmal auch an.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)