Foto von Harald Ebner MdB
09.11.2023

Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns allen liegt der Weinbau in Deutschland sehr am Herzen, nicht nur wegen der hervorragenden Weine, sondern auch wegen der landestypischen Weinkulturlandschaften, die uns allen ans Herz gewachsen sind. Ich finde es aber schon eine dreiste Geschichte, dass die Union in diesem Zusammenhang in ihrem Antrag eine Initiative der EU-Kommission in Bausch und Bogen verdammt, die ihre eigene Parteifreundin Ursula von der Leyen mitzuverantworten hat.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Ach, jetzt kommt diese Leier wieder! Sarah Wiener war das!)

Und Sie verschweigen auch, dass es das Ergebnis Ihrer langjährigen Verschleppungspolitik bei der Pestizidreduktion ist, dass der integrierte Pflanzenschutz in der Praxis so lange nicht umgesetzt wurde, obwohl er schon lange im EU-Recht verankert ist. Es ist wirklich bitter – das muss ich klar sagen –, dass die EU-Kommission deshalb die Geduld verloren und nun leider einen schlechten und überzogenen Vorschlag vorgelegt hat. Das erweist der Sache wirklich einen Bärendienst.

Sie müssen sich für diese Entwicklung aber schon selber an die Nase fassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Carina Konrad [FDP])

Wenn Sie die Existenzängste der Winzerinnen und Winzer beklagen, dann sollten Sie auch zugeben, dass Sie diese Ängste aus politischem Kalkül massiv geschürt haben, die Leute auf die Bäume gejagt haben, selber hinterhergeklettert sind und jetzt nicht mehr wissen, wie Sie runterkommen.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Völlig abwegig, Herr Ebner!)

Der Entwurf, den Sie beklagen, ist doch schon längst Makulatur. Ihr Schaufensterantrag ist schlicht überflüssig; denn – Minister Özdemir hat es hier ja auch schon erklärt – die Bundesregierung war schon aktiv. Sie hat sich von Anfang an für praktikable Regelungen eingesetzt, um Defizite in diesem Entwurf zu beseitigen, also für die Abwendung eines pauschalen Totalverbots von Pestiziden in sensiblen Gebieten, in Bezug auf die Frage der Gebiets- und Stoffkulisse – das sieht auch der Umweltausschuss im Europaparlament so –, für die Anrechnung schon erreichter Pestizidreduktionen, Maßnahmen zur Unterstützung der Betriebe bei der Umsetzung und auch einen gewissen Bestandsschutz bei erfolgten Pestizidreduktionsvereinbarungen, wie beispielsweise in Baden-Württemberg, das mit seinen Vorgaben schon Wege gefunden hat und zeigt, wie es geht.

Längst zeichnen sich in den Verhandlungen Lösungen ab, etwa Ausnahmen für Mittel im Ökolandbau, Low-Risk-Pestizide. Aber Sie ignorieren das einfach. Und was Sie auch ignorieren, ist, dass wir nach wie vor deutliche Pestizidreduktionen in der Landwirtschaft brauchen; denn der Rückgang der Biodiversität ist mehr als dramatisch. Das Netz der Ökosysteme, auf dem unsere Existenz ruht, droht zu reißen und lückig zu werden. Deshalb müssen wir hier handeln; das muss gestoppt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland hat sich im Weltnaturabkommen in Montreal zu einer Halbierung des Pestizideinsatzes verpflichtet. Und wir sind uns einig: Die Vielfalt der Weinbaubetriebe, der Reichtum an Biodiversität und der kulturelle Wert unserer Weinkulturlandschaft müssen bewahrt werden. Der deutsche Weinbau hat dazu bereits viel geleistet, und das wollen wir berücksichtigen. Die Betriebe brauchen Planungssicherheit. Sie brauchen umfassende Unterstützung bei der Pestizidreduktion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie wollen nach Ihrem Antrag auch Gentechnik im deutschen Wein zulassen. Das erklären Sie mal bitte den deutschen Weingenießerinnen und Weingenießern!

(Alexander Engelhard [CDU/CSU]: Quatsch!)

Die Gentechnik hat noch nirgends zur Pestizidreduktion beigetragen. Was zur Pestizidreduktion beigetragen hat, sind die pilzwiderstandsfähigen Sorten, die ohne jede Gentechnik gezüchtet wurden und wirklich, wirklich Fungizide reduzieren können.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Ist ja wie im Abenteuerland hier!)

Wer sich davon überzeugen will, der kommt am 30. November zum Weinabend des Parlamentarischen Weinforums und kann dort gute PIWI-Weine probieren.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Wein trinken und das Wasserglas halten! Das ist richtig!)

Da sehen wir, wie der Weinbau erhalten und in die Zukunft geführt werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Carina Konrad [FDP])