Rede von Johannes Wagner WHO-Pandemieabkommen
Johannes Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Die AfD befindet sich in einer Abwärtsspirale, und das zu gutem Recht.
(Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Während ich hier spreche, durchsucht die Polizei gerade das Abgeordnetenbüro des AfD-Politikers Petr Bystron hier im Bundestag. Unfassbar!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
In den letzten Tagen und Wochen sind immer neue Enthüllungen über die AfD ans Licht gekommen: dass die AfD zahlreiche Rechtsextreme im Bundestag beschäftigt, dass Spitzenfunktionäre
(Beatrix von Storch [AfD]: … der SPD wegen Pädophilie und Kindersex verurteilt worden sind!)
dieser Partei ausländischen Spionen Zutritt zu Parlamenten verschafft haben, dass sie sich haben bezahlen lassen von russischen Geheimdiensten.
(Carolin Bachmann [AfD]: Was hat das mit der WHO zu tun? – Beatrix von Storch [AfD]: Verurteilte Straftäter wegen Kindesmissbrauch! Das ist das Widerwärtigste, was es gibt auf der Welt!)
Uns jetzt damit zu kommen, dass wir die Souveränität Deutschlands riskieren, ist ein starkes Stück. Ich würde Ihnen raten, lieber mal vor der eigenen Haustür zu kehren, liebe AfD.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Erst diesen Montag hat das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt: Die AfD wurde vom Verfassungsschutz zu Recht als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.
(Carolin Bachmann [AfD]: Reden Sie mal zum Thema, zum WHO-Pandemievertrag!)
– Ich komme zum Thema. – Das alles macht Ihnen große Angst. Sie sind verunsichert, Sie sind in einem Umfragetief. Seit Januar haben Sie 6 Prozentpunkte verloren,
(Beatrix von Storch [AfD]: Wir sind immer noch stärker als Sie!)
und deswegen greifen Sie jetzt zu Ihren Mitteln aus der Pandemie: Sie erzählen von einer Weltverschwörung – dunkle Mächte, Eliten, die eine Gesundheitsdiktatur aufdrücken wollen.
(Zuruf von der AfD)
Solche Mittel werden jetzt wieder aus einer Mottenkiste geholt, so auch hier in der Debatte. Mal wieder möchte die AfD suggerieren, dass die WHO mit dem Pandemieabkommen die Souveränität Deutschlands eingrenzen will oder könnte.
Sehr geehrte Damen und Herren, aber vor allem liebe Zuhörende hier, aber auch an den Geräten, den meisten von Ihnen ist klar, dass das lächerliche Propaganda ist; Sie können das einordnen. Die AfD verbreitet die Reden, die ihre Abgeordneten gleich halten werden, aber natürlich auch über ihre Kanäle – auf Youtube, in den Telegram-Gruppen, auf Tiktok –,
(Carolin Bachmann [AfD]: Sprechen Sie zum Thema!)
wo sie ganz gezielt junge Menschen anspricht und versucht, schon sehr früh Vertrauen in die Demokratie zu untergraben.
(Beatrix von Storch [AfD]: Wir zitieren die Vertragstexte und lassen die Menschen selber denken!)
Dahinter steckt die Logik: Wenn es der Demokratie schlecht geht, geht es der AfD gut. Sie profitieren, wenn es Deutschland schlecht geht, wenn es deutschen demokratischen Institutionen schlecht geht, wenn die Menschen nicht mehr an die Demokratie glauben.
(Nicole Höchst [AfD]: Sie regieren doch! Dann machen Sie es besser!)
Wie hängt das mit dem Pandemieabkommen zusammen? Es ist genau diese Strategie: Sie fabulieren, Sie fabrizieren Behauptungen, um Ängste bei den Bürgerinnen zu schüren.
(Nicole Höchst [AfD]: Dass Sie regieren, ist keine Behauptung! Das ist Tatsache!)
Ihre Lügen wurden in der öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Globale Gesundheit eindeutig widerlegt,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
sie wurden in der Anhörung des Petitionsausschusses eindeutig widerlegt, und sie wurden auch in zahlreichen Stellungnahmen von führenden juristischen Expertinnen widerlegt.
Wir alle beschäftigen uns jetzt seit rund zwei Jahren mit dem Pandemievertrag. Es ist ein Problem, wenn wir 80 Prozent der Zeit damit verbringen, den Falschaussagen der AfD Paroli zu bieten und ihre Lügen zu widerlegen, anstatt auf die Vorteile des Pandemieabkommens hinzuweisen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Steffen Janich [AfD]: Weil Sie nicht demokratiefähig sind!)
Aus diesem Grund möchte ich zum Schluss meiner Rede noch einmal betonen: Der Pandemievertrag ist wichtig für Deutschland und für die ganze Welt,
(Beatrix von Storch [AfD]: Was für ein tolles Argument! – Gegenruf von der SPD: Ist gut jetzt!)
und zwar aus drei konkreten Gründen: Pandemien werden angesichts der Zerstörung der Ökosysteme immer wahrscheinlicher, Pandemien richten hohen menschlichen, aber auch wirtschaftlichen Schaden an, und Pandemien müssen wir gemeinsam entgegentreten.
(Beatrix von Storch [AfD]: Sie haben nichts zum Vertragsentwurf gesagt, null Komma null zum Vertragsentwurf, nichts!)
Ein Virus macht nicht an Landesgrenzen halt. Ob wir wollen oder nicht: Wir müssen besser vorbereitet sein.
(Beatrix von Storch [AfD]: Sagen Sie doch mal was zum Abkommen! Keine Silbe! – Gegenruf der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Halt die Klappe!)
Wir brauchen das Abkommen, um zukünftigen Pandemien gemeinsam wirksam entgegentreten zu können.
Einige hier, mich eingeschlossen, würden sich wünschen, dass die Formulierungen zu Technologietransfer, Patenten und globaler Gerechtigkeit weiter reichen würden als im aktuellen Entwurf. Dafür kämpfen wir auch weiterhin. Aber dass dieses Abkommen kommen muss, ist klar. Denn für die Gesundheit gilt wie für alle anderen Bereiche: Eine Welt ohne internationale Vorgaben, egal ob bei Lieferketten, im Flugverkehr, im Bereich der Menschenrechte, können und wollen wir uns auch nicht vorstellen. Warum soll das bei der Prävention von Pandemien anders sein?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP] – Dr. Michael Kaufmann [AfD]: Demokratisch legitimiert muss es sein!)
Ich bedanke mich deshalb bei allen Kolleginnen hier im Parlament, bei der Bundesregierung, aber auch bei der Zivilgesellschaft, die konstruktiv am Pandemieabkommen mitgewirkt haben und auch weiterhin für globale Gesundheit kämpfen werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Vielen Dank. – Zwischenrufe in unserem Haus sind möglich.
(Zuruf von der AfD: Beleidigungen aber nicht!)
Wir sollten trotzdem einen anständigen Umgang miteinander pflegen. Dazu gehört es weder, jemanden hier zu duzen, noch, per anderem Zwischenruf zu versuchen, jemandem das Wort zu entziehen. Das machen wir als Präsidentinnen, wenn das notwendig ist.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das werde ich mir merken!)
Jetzt gebe ich Martin Sichert das Wort für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)