Rede von Deborah Düring Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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14.01.2022

Deborah Düring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin Schulze! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Beginn der Pandemie stehen wir hier und diskutieren über Impfstoffgerechtigkeit, und, ehrlich gesagt, sind wir immer noch meilenweit davon entfernt. Eine gerechte Verteilung von Impfstoffen, der Zugang zu Medikamenten und Technologietransfer sind nicht nur eine Frage der Solidarität und der globalen Verantwortung, sondern sie sind schlichtweg einer der entscheidenden Faktoren in der Pandemiebekämpfung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Globale Krisen können wir nur global bekämpfen, ganz egal, ob es die Coronapandemie oder die Klima- und Biodiversitätskrise ist. Wir dürfen uns nicht im nationalstaatlichen Klein-Klein verlieren. Wie die Bundesministerin gerade schon erwähnte: Entwicklungspolitik ist vor allem Strukturpolitik. Und genau deswegen müssen wir die globalen Herausforderungen auch in der Bundesregierung gemeinsam über die Ressorts hinweg angehen.

Das bedeutet, dass wir uns für faire Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne weltweit einsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das bedeutet, dass wir aufhören, hochgiftige Pestizide in den Globalen Süden zu exportieren, die hier bereits verboten sind.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und das bedeutet vor allen Dingen, dass wir uns konsequent für Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten wie indigenen Gemeinschaften einsetzen und internationale Abkommen wie die ILO-Konvention 169 umsetzen und einhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Eine der größten Herausforderungen im Globalen Süden ist, dass die Zahl der an Hunger leidenden Menschen wieder zunimmt. Die Ursachen dafür liegen vor allen Dingen in der ungleichen Ressourcenverteilung, in bewaffneten Konflikten, den Auswirkungen der Coronapandemie und der Klimakrise. Sie haben es gerade schon erwähnt: Es ist richtig, dass das BMZ in den letzten Jahren genau diese Themen zum Schwerpunkt gemacht hat. Aber es wurde verpasst, an die Strukturen heranzugehen, die zu Hunger und Mangelernährung führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Landrechte gestärkt werden, dass Kleinbäuerinnen und Kleinbauern endlich faire Preise für ihre Produkte bekommen

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

und dass Saatgut frei getauscht werden kann. Wir müssen Agrarökologie mit all ihren sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen in den Mittelpunkt dieses Themenschwerpunktes stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für globale Gerechtigkeit zu kämpfen, bedeutet vor allem, dass wir Verantwortung übernehmen – Verantwortung für die koloniale Geschichte Deutschlands, Verantwortung dafür, dass koloniale Strukturen bis heute wirken,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Verantwortung dafür, diese kolonialen Kontinuitäten endlich aufzubrechen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Anhaltende Auswirkungen des Kolonialismus sind vor allem die globalen Abhängigkeiten und Ungleichheitsstrukturen. Diese Ungleichheitsstrukturen finden wir zum Beispiel im internationalen Wirtschaftssystem. 132 Länder des Globalen Südens sind hoch verschuldet. Wir haben weltweit eine dramatische Schuldenspirale vor uns. Da reicht auch kein mittelfristiges Schuldenmoratorium mehr. Und genau deswegen bin ich sehr dankbar dafür, dass wir endlich ein Staateninsolvenzverfahren voranbringen. Das ist ein Quantensprung in der Debatte um Entschuldung und dringend notwendig!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])

Wir haben uns nicht nur einen dekolonialen Handlungsrahmen, sondern auch eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik zum Ziel gesetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Enrico Komning [AfD]: Was soll das denn sein?)

Geschlechtergerechtigkeit muss integraler Bestandteil unserer Entwicklungspolitik sein. Ich freue mich, mit Ihnen, Ministerin Schulze, die politische, wirtschaftliche und soziale Teilhabe von Frauen und LGBTIQ-Personen gemeinsam voranzutreiben und für einen intersektionalen feministischen Aufbruch gemeinsam zu kämpfen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der AfD)

Enden möchte ich bei dem Stichwort „Generationengerechtigkeit“. Ich durfte ein Jahr in der indigenen Gemeinschaft der Brörán in Costa Rica leben und lernen.

(Zuruf von der AfD)

Ein Ansatz, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist, dass der Ältestenrat immer, wenn er eine Entscheidung trifft, darüber nachdenkt, welche Konsequenzen diese Entscheidung für die sieben Generationen nach ihnen hat. Ich wünsche uns allen, dass wir uns und die zukünftigen Generationen nicht nur im Hinterkopf, sondern immer präsent vor uns haben, wenn wir gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beifall bei der FDP – Zuruf von der AfD: Bitte schön!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Es folgt der Abgeordnete Markus Frohnmaier für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)