Felix Banaszak MdB
05.09.2023

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir im Sommer in unseren Wahlkreisen unterwegs waren und nach den drängendsten Problemen gefragt haben, die diese Bundesregierung zu lösen hat, werden die wenigsten von uns „der Hunger in der Welt“ oder Ähnliches gehört haben.

(Paul Ziemiak [CDU/CSU]: Das drängendste Problem ist die Bundesregierung!)

Es sind eher die Dinge wie Inflation, die Energiepreise und vieles mehr, die uns im nationalen Rahmen beschäftigen. Das ändert aber nichts daran, dass überall auf der Welt Menschen hungern. Es ändert nichts daran, dass Menschen vor den klimatischen Veränderungen und anderen Naturkatastrophen fliehen. Es ändert nichts daran, dass Kriege und bewaffnete Konflikte Menschen in immer größerer Zahl dazu treiben, ihr Zuhause, ihre Heimat zu verlassen.

Deswegen lautet die Frage in dieser Haushaltsdebatte zum Einzelplan des Ministeriums für Entwicklungszusammenarbeit, ob es uns als Gesellschaft und uns als Parlament, als Vertretung dieser Gesellschaft, gelingt, auch in Krisenzeiten nicht im nationalen Tunnel gefangen zu bleiben, sondern den Blick für die globalen Gerechtigkeitsfragen geweitet zu lassen. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen kann es uns nicht kaltlassen, dass wir bei all den finanziellen Herausforderungen, die uns dieser Haushalt im Gesamten auferlegt, häufig mit der Frage konfrontiert sind: Leiden denn die Ärmsten der Armen auf der Welt besonders unter den Kürzungen? Das kann und das wird uns nicht kaltlassen.

Was wir gerade aber erlebt haben, ist das Streben in zwei unterschiedliche Richtungen. Die einen wollen mehr – davon die einen glaubhaft, die anderen nicht ganz so sehr; dazu komme ich gleich –, und die anderen wollen am liebsten alles oder mindestens die Hälfte streichen.

Ich muss etwas zu dieser Rede der Niedertracht, der Demagogie und des Hasses sagen, Herr Espendiller,

(Lachen bei der AfD)

weil das Kalkül hinter diesem Ansatz einfach so offensichtlich ist. Sie brauchen für Ihre Mobilisierung, für Ihre Youtube-Zuschauer, die Sie ja direkt angesprochen haben, die Krisen auf der Welt. Sie brauchen die Menschen, die nach Europa fliehen, damit Sie mit „Mauern an den Grenzen!“ werben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Claudia Raffelhüschen [FDP] – Widerspruch des Abg. Dr. Michael Espendiller [AfD])

Sie brauchen die Destabilisierung unserer internationalen Gemeinschaft, damit Sie Ihr Spiel weitertreiben können.

Und ich sage Ihnen noch eines.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Coronakrise! Klimakrise! Sie produzieren doch die Krisen und destabilisieren die Republik!)

– Ganz ruhig, Brauner!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Was wir hier in der Entwicklungszusammenarbeit machen, ist nicht das Verteilen von Almosen. Es ist nicht Entwicklungshilfe. Es ist globale Partnerschaft, die auch im ureigenen Interesse Deutschlands und der Europäischen Union ist.

(Zuruf des Abg. Markus Frohnmaier [AfD])

Die Kollegin Sanae Abdi hat darauf hingewiesen: Die Frage, ob es uns gelingt, global die Solidarität mit der Ukraine zu erhalten, hängt auch davon ab, ob wir ein verlässlicher, ein vertrauenswürdiger Partner des Globalen Südens sind. Die Menschen, die Staaten in Afrika und anderen Teilen der Welt gucken genau hin, ob wir verlässliche Partner sind oder ob sie sich woandershin orientieren wollen.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Für Sie bedeutet verlässlicher Partner zu sein, die Geldbörse aufzumachen! – Weitere Zurufe von der AfD)

Und Sie als fünfte Kolonne Moskaus in diesem Bundestag wünschen sich doch nichts sehnlicher, als dass die Solidarität mit der Ukraine schwindet, hier in Deutschland und global. Diesen Gefallen werden wir Ihnen nicht tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Dann möchte ich gerne auf die Krokodilstränen aus der Unionsfraktion eingehen. Ich meine, es ist ja schon lustig, Herr Stefinger, dass Sie sich mit den 12, 13 Männlein – ich muss es ja nicht gendern – hier gerade als die feministische Speerspitze der Entwicklungszusammenarbeit dargestellt haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Aber mal ganz abgesehen davon haben Sie 200 Leute in der Fraktion, 12 sind heute anwesend. Die Linke bringt fast genauso viel hierher, und ihre Fraktionsstärke ist ein Fünftel.

Sie, Herr Klein, haben die Rede, die Sie gerade gehalten haben, im Kern eigentlich letztes Jahr schon mal gehalten: Das kann doch gar nicht sein! Feurio, Skandal, die Ampel kürzt in der Entwicklungszusammenarbeit; der große Gerd Müller! – Mal ganz abgesehen davon, dass Sie sich an Gerd Müller gar nicht mehr so gerne erinnern, wenn es um das Lieferkettengesetz oder ähnliche Dinge geht: Diese Rede haben Sie vor einem Jahr schon mal gehalten, und da haben wir gedacht: Mensch, ei der Daus, da kommt von der Union bestimmt jetzt einiges im Haushaltsverfahren auf uns zu, ein Änderungsantrag nach dem anderen, der hier was erhöht und da was erhöht, um die ganzen bösen Kürzungen der Ampel auszugleichen. Wollen Sie wissen, wie viele Anträge Sie gestellt haben? Null.

(Dietmar Friedhoff [AfD]: Ja! Richtig!)

Keinen einzigen Antrag. So wie Sie es heute Morgen nicht geschafft haben, zu begründen, warum Sie mehr Beratungszeit beim Gebäudeenergiegesetz brauchen, obwohl Sie gar keinen Änderungsantrag gestellt haben, so können Sie doch auch nicht begründen, dass Ihnen das ein ernsthaft wichtiges Thema ist, wenn Sie hier große Worte schwingen und dann nichts passiert.

Ich mache ja keine Politikberatung für die Unionsfraktion.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie sollten für niemanden Politikberatung machen!)

Aber stellen Sie sich doch mal vor, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Ihren Reden und Ihren Handlungen! Was könnten Sie dann erreichen in diesem Land! Dann gäbe es auch mal wieder einen Aufschwung in Umfragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Volkmar Klein [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, und dennoch, es bleibt dabei: Wir haben einiges zu tun. Ich will enden mit einem Zitat von Rio Reiser:

„Ich weiß, wir werden kämpfen, und ich weiß, wir werden siegen. Ich weiß, wir werden leben und wir werden uns lieben. Der Planet Erde wird uns allen gehören. Und jeder wird haben, was er braucht.“

Das ist und bleibt unser Ziel.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Dietmar Friedhoff.

(Beifall bei der AfD)