Rede von Sven-Christian Kindler Wirtschaftshilfen

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09.12.2021

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Sven-Christian Kindler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sehen ja alle hier zurzeit – bis auf einige Schwurbler im Haus –, was eigentlich Phase ist: Wir befinden uns mitten in einer schweren Pandemie. Die Coronakrise ist noch lange nicht vorbei. Die Krankenhäuser geraten an ihre Kapazitätsgrenzen: auf Normalstationen, auf Intensivstationen. In einigen Regionen Deutschlands sind sie schon weiter, längst darüber hinaus.

Wir haben gestern in einer Anhörung zum Infektionsschutzgesetz im Hauptausschuss noch einmal sehr deutlich gehört, dass mit der Omikron-Variante höchstwahrscheinlich eine neue schwere Variante zu befürchten ist, die im Januar in Deutschland das Regime übernehmen könnte. Und das zeigt ja: Für uns alle ist es jetzt notwendig, konsequente Maßnahmen gegen diese Pandemie zu ergreifen. Das ist jetzt unsere Aufgabe hier im Deutschen Bundestag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen von uns hier im Haus ist sehr bewusst, dass es angesichts der schweren vierten Welle und der Omikron-Variante vor der Tür einerseits jetzt konsequente, härtere Maßnahmen – Kontaktbeschränkungen, Reisebeschränkungen, Untersagen von Veranstaltungen, auch regionale Lockdowns – braucht. Aber andererseits wissen wir auch, dass sie natürlich kurzfristig deutlich negative wirtschaftliche Folgen für betroffene Branchen und betroffene Betriebe haben.

Es ist in der Anhörung gestern noch einmal deutlich klar geworden, dass es mittelfristig ökonomisch für unsere Wirtschaft deutlich besser und sinnvoller ist, die Pandemie in den Griff zu kriegen, als sie laufen zu lassen. Das zeigen alle empirischen Erkenntnisse weltweit. Aber kurzfristig haben wir negative wirtschaftliche Effekte. Die müssen wir natürlich, soweit es geht, eben auch für Betriebe und betroffene Branchen verhindern. Das machen wir heute hier, und das ist sehr wichtig für uns.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deswegen beraten wir in der Koalition, dass wir die bestehenden breiten Wirtschaftshilfen verlängern. Konkret diskutieren wir heute die Verlängerung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds bis Mitte des nächsten Jahres, bis Sommer 2022.

Wir haben als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Einrichtung dieses Fonds zugestimmt, weil es insbesondere für mittelständische und große Unternehmen, die durch harte Maßnahmen betroffen und eingeschränkt sind, aber auch durch internationale Verwerfungen auf den Märkten massive Beeinträchtigungen haben, Hilfe braucht. Deswegen ist es sinnvoll, dass wir hier als Ampelkoalition einen entsprechenden Entwurf auf den Weg gebracht haben. Ich danke Otto Fricke und Dennis Rohde noch mal für die konstruktiven Beratungen. Das zeigt: Das Parlament ist handlungsfähig, auch in Zeiten, in denen die Exekutive der neuen Regierung noch nicht im Amt ist. Ich bitte Sie darum, dieser Verlängerung dann auch in zweiter und dritter Lesung zuzustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich will aber auch noch mal sehr deutlich sagen: Die bisherigen Regeln zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds gelten weiterhin. Wer zur Bewältigung wirtschaftlicher Krisen jetzt Solidarität des Staates erwartet, also von uns allen, von den Bürgerinnen und Bürgern, der muss sich dann auch an die Regeln, die im Parlament, im Haushaltsausschuss aufgestellt wurden, halten. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds dient explizit nicht zur Absicherung von Boni für Topmanager und Vorstände,

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

und er dient auch explizit nicht zur Absicherung von Dividendenzahlungen an Aktionäre mit Steuergeld. Wir werden im Haushaltsausschuss, im Parlament sehr genau darauf achten, dass dies nicht der Fall ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich würde mir wünschen, dass das auch für andere krisenabsichernde Maßnahmen gilt, für die wir konkret Steuergeld einsetzen.

Ich will noch etwas zur Beteiligung der Eigentümerseite sagen. Der WSF muss der Lender of Last Resort der Wirtschaftshilfen bleiben, also das letzte Mittel bei den Wirtschaftshilfen, das wir einsetzen. Wir haben es in wirtschaftlichen Krisen oft erlebt, dass am Ende die Allgemeinheit für wirtschaftliche Risiken zahlt und das Vermögen privater Eigentümer ohne Eigenleistung abgesichert wird. Das darf nicht der Fall sein. Ich erwarte, dass bei den Unternehmen, die sich unter den Schutzschirm begeben, die Eigentümerseite dann auch relevante Beiträge leistet.

(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Das ist unsere Anforderung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Victor Perli [DIE LINKE])

Wir werden auch sehr genau darauf achten, dass die ökologischen und klimapolitischen Ziele der Europäischen Union, die die Grundlage für die Genehmigung des WSF durch die Europäische Kommission waren, bei der Beantragung und der Entscheidung Berücksichtigung finden. Es geht in dieser Pandemie um eine Stabilisierung der Wirtschaft, ja; aber das darf keinen fossilen Lock-in bedeuten. Wir müssen eine Stabilisierung der Wirtschaft hinbekommen, und wir müssen eine Transformation der Wirtschaft hinbekommen. Die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze und die klimapolitischen Ziele der Europäischen Union sind Grundlage für alle Entscheidungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die Fraktion Die Linke Victor Perli.

(Beifall bei der LINKEN)