Rede von Claudia Müller Wirtschaftshilfen und Kündigungsschutz

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16.12.2020

Claudia Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken! Ihren Vorschlag, Kündigungen auszuschließen, wenn Unternehmen November- und Dezemberhilfen beziehen, sehen wir mit großer Sympathie; denn wer staatliche Hilfe erhält, muss auch Verantwortung übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie verweisen auf das österreichische Modell und dort ganz besonders auf die Einbeziehung der Sozialpartnerinnen in die Ausgestaltung der Hilfen. Wenn man das liest, muss man sich wirklich fragen: Wer wurde denn in Deutschland bei der Ausgestaltung der Hilfen mit einbezogen? Ich befürchte, es bleibt ein frommer Wunsch, dass die Bundesregierung Hilfen dieser Art in ordentlichen Verfahren unter Beteiligung der Betroffenen ausgestaltet. Das wäre ein echter Fortschritt; denn dann hätten Sie wahrscheinlich auch die vielen Menschen in selbstständiger Tätigkeit oder in hybriden Arbeitsformen mit in den Blick genommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Arbeitswelt ist moderner und vielfältiger geworden; leider ist das bei der Bundesregierung noch nicht angekommen. Ganz ehrlich, Sie haben ein echtes Hilfskuddelmuddel geschaffen. Das, was es momentan gibt, gleicht schon fast einer Hilfslotterie.

(Marianne Schieder [SPD]: Na ja!)

Viele Unternehmen können tatsächlich nicht mit Sicherheit sagen, ob sie trotz großer Verluste diese Hilfen erhalten werden.

Eines Ihrer neuesten Verwirrspiele ist die Einstufung von Mischbetrieben. Für Sie gelten kleine Betriebe, die einen kleinen Verkauf betreiben, obwohl der eigentliche Betrieb geschlossen ist, als Mischbetriebe, die jetzt möglicherweise keine Hilfen bekommen. Ich nenne ein Beispiel – es wurden solche Fälle beschrieben-: Kosmetikstudios sind geschlossen. Wenn sie aber mehr als 20 Prozent ihres Umsatzes mit Verkauf machen, gelten sie als Mischbetriebe, die möglicherweise eben keine Hilfen bekommen. Ich frage Sie, ob das an dieser Stelle wirklich so gewollt ist.

Das Gleiche gilt für Brauereibetriebe, die eine angeschlossene Gaststätte haben. Wir haben heute im Ausschuss die Aussage gehört: Es hängt von der Größe der Brauerei ab, ob sie als Mischbetrieb gilt oder zur Gastronomie zählt. – Bäckereien haben Sie dagegen automatisch eingestuft. Es ist ein unglaubliches Kuddelmuddel. Bitte korrigieren Sie das! Machen Sie es fair!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Machen Sie es gerecht! Und behandeln Sie hier alle gleich!

Die Unternehmen haben entsprechend gehandelt. Da werden jetzt große Lücken entstehen. Bitte seien Sie an dieser Stelle nicht geizig! Helfen Sie wirklich allen! Und nehmen Sie insbesondere die Kleinen in den Blick! Nehmen Sie diejenigen in den Blick, die sich verschiedene Standbeine geschaffen haben, die die Orte lebendig halten, die jetzt aber bei Ihren Hilfen, sowohl bei den November- und Dezemberhilfen, den Überbrückungshilfen als auch bei der Neustarthilfe, durch das Raster fallen. Bitte! Bitte! Wenn Sie diesen helfen wollen – ich wiederhole es gerne mantraartig –: Führen Sie eine Form von Unternehmerlohn bei den Überbrückungshilfen ein!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Das würde sehr vielen helfen. Wir brauchen die Kreativen, wir brauchen genau diese aktiven Menschen, die unsere Wirtschaft innovativ, zukunftsfähig und breit aufgestellt haben. Lassen Sie diese nicht im Regen stehen! Nehmen Sie sie in den Blick! Helfen Sie dort, wo es wirklich zu helfen gilt! Und seien Sie an dieser Stelle deutlich spendierfreudiger!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Ich komme zurück zu dem Tagesordnungspunkt 4 a. Liebe Kollegen, die Zeit der namentlichen Abstimmung ist gleich vorbei. Ich darf fragen: Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Jetzt aber dann ganz zügig! Alle anderen sind fröhlich? – Ist der Kollege draußen jetzt so weit? – Gut. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich gebe Ihnen das Ergebnis später bekannt.

Der nächste Redner ist der Kollege Axel Knoerig, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)