Rede von Anja Hajduk Wohlstand

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24.06.2021

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke, Herr Präsident. – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Coronapandemie hat unser Land verändert. Sie hat Prioritäten in der Gesellschaft verschoben und hat bestehende Schieflagen noch sichtbarer gemacht. Corona brachte Einschränkungen und Einschnitte, die wir uns gar nicht vorstellen konnten.

Aber mit der nun beginnenden wirtschaftlichen Erholung ergeben sich Chancen, die notwendige ökologische und soziale Transformation voranzutreiben. In dem Verständnis, den Weg aus der Krise als Chance zu nutzen, gilt es jetzt also, die enormen Ausgabenprogramme, die wir hier vorsehen, zur wirtschaftlichen Stabilisierung einzusetzen und mit dem klimaverträglichen Umbau unserer Wirtschaft zu verknüpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Programme der Regierung sind dafür nicht ausreichend. Sie sind lückenhaft. Der Ausbau des Bereichs der erneuerbaren Energien ist immer noch unzureichend. Schritte zu einer Kreislaufwirtschaft sehen Sie in Ihren Programmen gar nicht vor. Und das Thema Biodiversität geht auch unter. Dabei ist es doch eigentlich schon fast eine Binsenweisheit, dass der globale Wettbewerb um die Technologien von morgen in vollem Gange ist. Neben der EU haben viele wirtschaftlich starke Länder angekündigt, bis 2050 CO2-neutral werden zu wollen. Das frühzeitige Einschwenken auf den Pariser Klimaschutzpfad ist doch offenkundig die große Chance, im internationalen Wettbewerb zu bestehen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zu bestehen im Wettbewerb um die modernsten Technologien in der Grundstoffindustrie, in der Automobilbranche, im Maschinenbau oder auch in der Bauwirtschaft. Dieses Umsteuern – davon sind wir überzeugt – sichert den Wohlstand von morgen und sichert natürlich auch eine gesunde Umwelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grünen legen heute einen Antrag mit zehn Punkten vor, der hierfür die politischen Rahmen- und Weichenstellungen setzt, weil es die braucht. Natürlich gehört dazu ein wirksamer CO2-Preis. Dafür muss der europäische Emissionshandel mit einer deutlichen Reduzierung von vorhandenen Emissionszertifikaten reformiert werden, und überschüssige Zertifikate müssen gelöscht werden. Natürlich gehören dazu in der Zukunft auch Klimaverträge mit Unternehmen, um ihnen Investitionssicherheit zu geben. Diese Verträge sollen die Differenz erstatten zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten, welche durch Investitionen in neue Verfahren ausgelöst werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind nur zwei, aber ganz zentrale Bausteine, die wir brauchen.

Wir Grünen sind überzeugt: Man muss so ein Punkteprogramm einbetten in ein großes Investitions- und Transformationsprogramm für die gesamte Dekade, die vor uns liegt. Annalena Baerbock hat nicht umsonst heute Morgen noch mal darauf hingewiesen und daran erinnert, dass sich die USA unter ihrem Präsidenten Joe Biden mit einem gewaltigen Investitionsprogramm, 1,9 Billionen Dollar schwer, auf den Weg machen. Europa und Deutschland dürfen da nicht zurückfallen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen möchte ich noch Folgendes sagen. Die Kanzlerin hat heute Morgen in ihrer Rede zum Europäischen Rat gesagt, auf eine außergewöhnliche Krise habe die Europäische Union mit dem Wiederaufbaufonds eine außergewöhnliche Antwort gefunden. Vielleicht ist es außergewöhnlich, dass die EU tatsächlich eine Antwort gefunden hat. Aber ich möchte sagen: Es sollte gewöhnlich sein und nicht außergewöhnlich sein, dass wir dauerhaft kraftvoll in unsere Zukunft investieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir in die Zukunft investieren und dafür auch einen Kredit aufnehmen, dann ist das nicht unvernünftig, sondern ökonomische Normalität und Rationalität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen wünsche ich mir für Europa, dass diese Investitionsinitiativen verstetigt werden. Ich wünsche mir vom Deutschen Bundestag, dass er eine Investitionsregel schafft, die zukünftig ein solch starkes Investitionsprogramm auch in Deutschland ermöglicht. Ich darf mir das ja wünschen, weil ich dem Deutschen Bundestag nicht mehr angehören werde, und bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die langjährige Zusammenarbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN und des Abg. Leif-Erik Holm [AfD] – Die Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben sich)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Hajduk. – Frau Kollegin Hajduk, Sie haben dem Deutschen Bundestag insgesamt vier Legislaturperioden angehört und wesentlich dazu beitragen, die parlamentarische Demokratie fortzuentwickeln, insbesondere bei Ihrer segensreichen Arbeit als stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses in den Anfangsjahren Ihrer Karriere im Deutschen Bundestag. Ich darf mich ganz herzlich im Namen des Präsidiums und wahrscheinlich des gesamten Hauses für Ihre Tätigkeit bedanken und Ihnen für die Zeit nach dem Deutschen Bundestag – viele von uns können sich eine Zeit nach dem Deutschen Bundestag gar nicht vorstellen – alles Gute wünschen.

(Beifall)

Nächster Redner ist der Kollege Andreas Lämmel, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)