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06.05.2020

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen hatten in der letzten Wahlperiode bereits gefordert, dass das Wohnungseigentumsrecht grundlegend modernisiert, vereinfacht und reformiert wird.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Die Opposition!)

Ich finde, Ihr Gesetzentwurf ist ein guter Gesetzentwurf, aber er kommt leider viel zu spät, und ich finde, Sie haben sich damit zu viel Zeit gelassen. Aber lieber spät als nie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Problemdruck ist enorm. Wir haben einen massiven Sanierungsstau bei Klimaschutz, Barrierefreiheit, Elektromobilität, Digitalisierung. Das heutige WEG-Recht verhindert quasi die Schaffung von Wohnraum bei Aufstockung und Umbau von Gebäuden in den Ballungsräumen; und das heutige WEG-Recht ist streitanfällig und nicht kompatibel mit dem Mietrecht. Das gesamte Gesetz bedarf einer Reform; die wird hier auch vorgelegt. Das finden wir gut.

Kernelement Ihres Gesetzentwurfes ist erstens ein Paradigmenwechsel innerhalb des WEG-Rechts in Richtung eines Gesellschaftsrechts und damit einer stärkeren Stellung des Verwalters und zweitens die Absenkung von Beschlussquoren für bauliche Maßnahmen; für alle Beschlüsse reicht in Zukunft eine einfache Mehrheit. Ich finde das einen mutigen Vorschlag.

Aber der Mut hat Sie leider verlassen; denn wer die Rolle des Verwalters stärkt, muss den Sachkundenachweis einführen, muss für eine verbindliche Qualifikation von den Verwaltern sorgen. Das tun Sie nicht. Das ist das große Problem dieses Gesetzentwurfes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht endlich einen verbindlichen Sachkundenachweis. Herr Luczak, Sie haben ihn hier gerade ebenfalls gefordert; deshalb will Sie kurz daran erinnern: Es war die CDU/CSU-Fraktion in der letzten Wahlperiode, die den Sachkundenachweis verhindert hat. Es war niemand anderes im Parlament, es war die CDU/CSU-Fraktion im Wirtschaftsausschuss.

(Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Es war vielschichtig!)

Deswegen finde ich sehr gut, dass wir jetzt beide Seitʼ an Seitʼ

(Lachen bei der CDU/CSU)

gemeinsam Herrn Altmaier bei der Frage des Sachkundenachweises Beine machen. Denn das muss die CDU liefern. Das erwarten wir jetzt auch von Ihnen, gerade wenn Sie hier in dieser Debatte den Mund so voll nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim WEG-Recht geht es um kein nerdiges Thema. Es geht auch nicht um ein allein immobilienwirtschaftliches Thema. Es geht um das Lebensumfeld von vielen Millionen Menschen. Es betrifft 22 Prozent aller Wohnungen in Deutschland, in meiner Heimat Baden-Württemberg sogar 33 Prozent. Deswegen sehen und teilen wir die Kritik, die es sozusagen in der Verbändelandschaft gibt; sie ist heute zum Teil angesprochen worden. Wir werden uns sehr intensiv mit den Vorschlägen der Eigentümerverbände auseinandersetzen. Aber eines ist klar: Wir brauchen eine umfassende Reform, und wir brauchen eine WEG, die in Zukunft bei den Herausforderungen des Wohnens im 21. Jahrhundert handlungsfähig ist.

Dieser Gesetzentwurf berücksichtigt aus unserer Sicht den Klimaschutz zu wenig; der Sanierungsstau ist angesprochen worden. Wenn wir so in den WEG-Anlagen, die wir in Deutschland haben, weitersanieren, haben wir alle Wohnungen in den WEG-Anlagen in 166 Jahren saniert. So kann man keinen Klimaschutz machen. Deswegen braucht es noch mehr Vorschläge, auch jenseits der Absenkung der Quoren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss: Wir werden uns den Gesetzentwurf im weiteren Verfahren sehr genau anschauen. Dabei gelten für uns folgende Kriterien: Taugt er in der Praxis? Bringt er mehr Klimaschutz, mehr E-Mobilität? Stärkt er den Verbraucherschutz und die Rechtssicherheit? Dann sind wir auch bereit, mit Ihnen gemeinsam einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, der das Wohnen im 21. Jahrhundert ermöglicht.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Vielen Dank, Herr Kollege Kühn, für Ihre Rede. – Es läuft sich warm aus der CDU/CSU-Fraktion der Kollege Sebastian Steineke.

(Beifall bei der CDU/CSU)