Christina-Johanne Schröder
03.03.2023

Christina-Johanne Schröder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gästinnen und Gäste!

(Lachen bei der AfD)

Ich bin entsetzt über diesen Antrag. Die AfD verdreht wie üblich die Fakten. Hier wird von Massenmigration gesprochen. Aber was ist denn im letzten Jahr passiert? Putin hat die Ukraine brutal überfallen und damit eine Fluchtbewegung ausgelöst. Wir in Deutschland, eines der reichsten Länder der Welt, beteiligen uns daran, dass Menschen, die drei Flugstunden von uns entfernt sind, hier ein Leben haben können, während dort der Krieg tobt. Es sind besonders viele Frauen mit Kindern nach Deutschland gekommen. Diese ekelhafte, menschenverachtende Sprache von Ihnen beleidigt auch das Hohe Haus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Oh, mein Gott!)

Hier in diesem Plenum sind so viele, die nicht in Deutschland geboren wurden, deren Eltern nicht in Deutschland geboren wurden oder deren Großeltern nicht in Deutschland geboren wurden. Hier sind so viele, die ganze Bundesrepublik – ein sehr, sehr funktionales Land. Aber Sie zeichnen das Bild, als ob hier Sodom und Gomorrha wäre. Und das stimmt nicht. Sie müssen sich mal einigen: Wollen hier alle Leute hin, oder ist hier Chaos? Ich glaube, wir leben in einem der besten, funktionalsten Länder, und deswegen können wir es auch relativ gut lösen, mit über 1 Million Flüchtenden klarzukommen. Das ist doch wohl absolutes Gebot der Stunde, nachdem Putin die Ukraine überfallen hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

In diesem Antrag geht es um ländlichen Raum. Wir haben ihn gelesen. Die Rede ging um was anderes. Ich lebe im ländlichen Raum, und in meinem ländlichen Raum gibt es sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind Mietende, das sind Eigenheimbesitzer/-innen, das sind ganz oft Vermietende, das sind Handwerker/-innen, Einzelhändler/-innen und ganz einfach Menschen, die sich in der Mitte der Gesellschaft an einem Dorfleben beteiligen. Ich wohne in einem ländlichen Raum, ohne Autobahnauffahrt übrigens –

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das ist ein Fehler!)

– ja, das ist so; es will nämlich keiner, dass eine dorthin kommt –, in dem der 30. Oktober 1961 gefeiert wird.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Das ist Realsatire, was Sie hier machen!)

Das ist nämlich das Datum des Anwerbeabkommens mit der Türkei. Wir leben in einem ländlichen Landkreis, der Jahrzehnte davon profitiert hat, dass wir Zuwanderung haben, dass wir Arbeitskräfte aus dem Ausland haben. Deswegen sind wir kein strukturschwacher ländlicher Raum. Wir profitieren davon.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deutschland profitiert eben von der Vielfalt, und Deutschland profitiert davon, dass wir ein Einwanderungsland sind, dass Kompetenzen, Arbeitskräfte und Fachkräfte zu uns kommen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer ist denn Deutschland? Sind Sie das?)

Sie zeichnen hier ein Bild,

(Carolin Bachmann [AfD]: Mit dem nackten Finger! Das ist eine Beleidigung! – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Was für ein Bild?)

als ob wir in einem Land wären, das nicht lebenswert ist. Ich glaube, 84 Millionen Menschen beweisen, dass es anders ist.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Karsten Hilse [AfD]: Die „Letzte Generation“, im wahrsten Sinne des Wortes!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ich freue mich, Sie an diesem wunderbaren Freitagmittag zu sehen. – Ich gebe das Wort für Die Linke Gökay Akbulut.

(Beifall bei der LINKEN)