Rede von Dr. Sandra Detzer Zu Protokoll: Beschaffungsmaßnahmen der Bundeswehr
Dr. Sandra Detzer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Uns allen ist die verschärfte sicherheitspolitische Bedrohungslage seit dem 24. Februar schmerzhaft bewusst. Wir haben uns deshalb hier im Bundestag in großer Gemeinsamkeit für eine unverzügliche und schnellstmögliche Stärkung der Bundeswehr entschieden. Hier gelten auch meine Anerkennung und mein Dank den Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, die sich dieser gemeinsamen Aufgabe nicht verschlossen haben. Mit dem Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz gehen wir diese Stärkung der Bundeswehr und unserer Bündnisfähigkeit nun ganz konkret an. Und das ist gut so, denn die Zeit drängt.
In großer Einigkeit haben wir uns in diesem hohen Haus dazu bekannt, die immense Summe von 100 Milliarden Euro bereitzustellen, um vorhandene Defizite in der Ausstattung der Bundeswehr zu beheben. So historisch wie die Summe ist allerdings auch die Verpflichtung, die mit ihr einhergeht, nämlich dass wir das Geld wirklich effizient und zielgerichtet ausgeben, um unsere Landes- und Bündnisverteidigung zu stärken und die Bundeswehr im Rahmen der europäischen und transatlantischen Allianz zu einem starken Partner zu machen. Natürlich sind wir uns an diesem Punkt vermutlich alle einig. Doch der Teufel steckt im Detail, in jeder einzelnen Beschaffungsmaßnahme. Hier gilt es, immer wieder klug abzuwägen zwischen Kosteneffizienz und sicherheitspolitischen Interessen. Wir wissen alle, wie groß die Beschaffungsprobleme der Bundeswehr in der Vergangenheit waren. Wir haben die öffentliche Kritik gehört, dass das Beschaffungsamt der Bundeswehr in Koblenz noch nicht optimal aufgestellt ist und der politische Rückenwind gefehlt hat, das zu ändern – CDU/CSU-Altlasten möchte man sagen, die wir leider in vielen Politikfeldern feststellen müssen. Dieser Kritik müssen wir uns stellen. Gute, sachgemäße Beschaffung: Ja. Überteuerte, wahlkreisgeleitete Beschaffung: Nein.
Aus meiner Sicht tragen die neuen gesetzlichen Regelungen genau dieser Kritik Rechnung. Zunächst einmal machen sie eine schnellere Vergabe der Aufträge möglich. Unsere Bundeswehr sollte lieber heute als morgen verstärkt einsatzfähig sein. Deshalb ist es auch richtig, die Nachprüfungsverfahren zu beschleunigen, wie es das neue Gesetz vorsieht. Vor allem aber will das neue Gesetz erreichen, dass bei der Beschaffung auch Kooperationsprogramme mit anderen Mitgliedstaaten der EU vereinfacht genutzt werden können. Das klingt wie eine Nebensache, ist aber entscheidend. Denn wir wissen doch alle, dass die EU-Mitgliedstaaten heute zu viele Milliarden an militärischen Ausgaben tätigen, in dem jede Nation für sich Gewehre, Schiffe oder Hubschrauber beauftragt, anstatt dass die Beschaffung europäisch in einer sinnvollen Arbeitsteilung organisiert wird. Das neue Gesetz macht hier von deutscher Seite eine Hinwendung zu mehr EU-weiten Beschaffungsmaßnahmen möglich.
Sie merken schon, worauf ich hinauswill, worauf die Koalition hinauswill: Wir werden dafür Sorge tragen, dass diese 100 Milliarden Euro so effizient wie möglich ausgegeben werden, und dafür braucht es Wettbewerb zwischen den Anbietern. Grundsätzlich soll die Auftragsvergabe nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung stattfinden. Wir wollen, dass das Wettbewerbsrecht, wo irgendwie möglich, zur Anwendung kommt, und zwar auch dann noch, wenn sich die Beschaffung auf atypischen Märkten abspielt, in denen nur wenige Anbieter unterwegs sind.
Dieses Gesetz, das nehmen wir heute alle zur Kenntnis, ist Ausdruck der Zeitenwende in Deutschland. Dieses Gesetz macht die Zeitenwende konkret. Wir müssen schnell wieder militärisch handlungsfähig sein und zugleich langfristig einer stärkeren europäischen Verteidigungsbereitschaft Vorschub leisten. Das neue Gesetz schafft die Voraussetzung, dass wir diese beiden Ziele erreichen.