Rede von Robin Wagener Zukunft Europas

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27.01.2022

Robin Wagener (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedrohung entsprechen.“ Mit diesem Satz hat der damalige französische Außenminister Robert Schuman am 9. Mai 1950 den Grundstein für das größte Friedensprojekt aller Zeiten gelegt, die Europäische Union. Dass wir heute, am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, über die Zukunft Europas diskutieren, ist für mich von großer Bedeutung.

Wir alle wissen, welch unermessliches Leid die Shoah und der Zweite Weltkrieg für Millionen von Menschen bedeutet haben und teilweise bis heute bedeuten. Wir alle wissen, dass aus dieser historischen Schuld auch immer eine besondere Verantwortung Deutschlands für die Zukunft Europas und für ein friedliches Miteinander erwachsen wird.

Innerhalb der Europäischen Union haben wir den Frieden durch eine immer engere Zusammenarbeit und durch friedliches Zusammenwachsen über Grenzen hinweg gesichert. Für uns ist Frieden heute gelebte Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

In ganz Europa und in unserer direkten Nachbarschaft ist es das nicht. Bis heute ist der Frieden auf dem Westbalkan brüchig. Bis heute sind dort mancherorts Menschen an der Macht, die den Genozid von Srebrenica leugnen oder verharmlosen. Seit 2014 erleben wir den Krieg in der Ostukraine, und in Belarus zählen wir heute 1 000 politische Gefangene – 1 000 Menschen, die ihren Kampf für Demokratie mit der Freiheit bezahlen, ein trauriger Rekord.

Ich selbst habe eine Patenschaft für Ihar Losik, einen oppositionellen Journalisten, 29 Jahre alt, übernommen. Er hat eine dreijährige Tochter. Ihar konnte nicht miterleben, wie seine Tochter Paulina laufen lernte. Er konnte nicht miterleben, wie sie sprechen lernte, weil er mehr als die Hälfte ihres Lebens im Gefängnis sitzt – unschuldig.

Es sind diese individuellen Geschichten von Menschen, die uns vor Augen führen, wie wichtig es ist, uns für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

und das innerhalb der Europäischen Union, wo wir uns weiter mit ganzer Energie dafür einsetzen werden, die Werte der EU – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschlichkeit – auch selbst zu leben, und zwar in allen Politikfeldern mit einem klaren Kompass, aber eben auch in der europäischen Nachbarschaft. Die Menschen in Bosnien und Herzegowina, in der Ukraine, in Belarus zählen auf uns. Auch deshalb wird die Koalition ein besonderes Augenmerk auf diese Regionen legen und den Menschen in ihrem Einsatz für Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beistehen.

Ich freue mich sehr, dass sich die Konferenz zur Zukunft der Europäischen Union mit der Rolle der EU in der Welt beschäftigt. Dabei wird beispielsweise intensiv über eine häufigere Anwendung von qualifizierten Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik diskutiert. Das klingt erst mal technisch, aber es hat sehr konkrete Auswirkungen. Denn das bedeutet, dass das Veto eines einzelnen Staates nicht mehr die komplette Handlungsfähigkeit der EU lahmlegen kann.

Die Zukunftskonferenz ist eine einzigartige Chance, um mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Nutzen wir sie! Nutzen wir sie für eine Stärkung des Parlaments, für eine weitere intensive Bürgerbeteiligung! Nutzen wir sie, um die EU noch handlungsfähiger, strategisch souveräner und noch stärker zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger zu machen!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagener. – Vorletzter Redner in dieser Debatte wird der Kollege Tobias Winkler, CDU/CSU-Fraktion, sein, ebenfalls mit seiner ersten Parlamentsrede.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)