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EU/US–Zolldeal schwächt die deutsche Wirtschaft - Verantwortung liegt bei Kanzler Merz
Zur Grundsatz-Einigung zwischen der EU und den USA im Zollkonflikt erklären Dr. Sandra Detzer, Sprecherin für Wirtschaftspolitik und Julian Joswig, Obmann im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union:
Friedrich Merz hat als Kanzler die Verhandlungslinie der EU geschwächt. Seine Forderung nach einem schnellen Deal um jeden Preis hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter Druck gesetzt und ist mitverantwortlich dafür, dass die EU ihre Kerninteressen nicht durchsetzen konnte.
Aufgrund des Drucks des deutschen Bundeskanzlers hat die EU einem Deal zugestimmt, der grundlegende Prinzipien des regelbasierten Welthandels aufgibt. Statt langfristiger Stabilität schafft die Vereinbarung Unsicherheit – für Unternehmen, für die Wirtschaft und für das internationale Handelssystem. Besonders Deutschland wird belastet: Laut IfW Kiel kostet der Deal die deutsche Wirtschaft rund 6,5 Milliarden Euro BIP im ersten Jahr.
Für zentrale Industrien wie Stahl und Aluminium bleiben Strafzölle von 50 Prozent bestehen. Gleichzeitig akzeptiert die EU pauschale US-Zölle von 15 Prozent – ein klar asymmetrisches Ergebnis. Dass die Bundesregierung ein schnelles und schmales Abkommen aktiv gefordert hat, ist ein industriepolitischer Fehler.
Besonders betroffen ist auch der Maschinenbau. Laut VDMA berichten drei von vier Unternehmen von starkem Einfluss der US-Zölle. 46 Prozent erwarten, dass sich ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird. Bei Zöllen von 25 Prozent sehen 77 Prozent der Unternehmen eine starke bis sehr starke Belastung. Unternehmen denken bereits über Standortverlagerungen und neue Lieferketten nach. Wir müssen diese Warnung jetzt ernst nehmen, gerade der Mittelstand ist ein Trumpf der deutschen Volkswirtschaft, den wir nicht für kurzfristige Deals mit Trump aufgeben dürfen.
Auch aus der Wissenschaft kommt scharfe Kritik. Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, spricht von einem „handelspolitischen Appeasement“ und warnt vor langfristigen Schäden für die WTO. Auch Verbände wie BDI, BGA und VDMA sehen massive Nachteile für deutsche Unternehmen. Wir hören diese Bedenken und fordern schnelle Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft.
Europa braucht eine strategische, regelbasierte Handelspolitik. Kurzfristige Kompromisse, die langfristig unsere wirtschaftliche Handlungsfähigkeit untergraben, sind schlecht für die EU. Der ausgehandelte Deal wird Unternehmen und Beschäftigte belasten. Künftige Gewinnwarnungen haben einen Namen: Friedrich Merz.