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Köpfe verändern, statt Fußgelenke fesseln

Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklären Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik, und Dr. Lena Gumnior, Obfrau im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz:

Gewalt gegen Frauen gehört – in Deutschland wie weltweit – zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen. 

Ob in der eigenen Partnerschaft, auf der Straße oder im Netz: Weltweit werden Frauen bedroht, geschlagen, vergewaltigt oder ermordet. Gewalt gegen Frauen nimmt wieder zu und viel zu oft reichen Hilfsangebote und Schutzmöglichkeiten nicht aus. 

In Deutschland sind Frauenhäuser vielerorts überfüllt, die Zahl der Fälle sexualisierter Gewalt steigt und im Netz werden Frauen regelmäßig beschimpft, bedroht und zum Schweigen gebracht. Frauenhass und Antifeminismus nehmen zu – manchmal leise, manchmal laut, aber immer gefährlich. Wir dürfen diese Gefahr nicht verkennen.

Auch weltweit verschärft sich die Lage: Mädchen wird der Zugang zu Bildung verwehrt, Frauen werden zwangsverheiratet oder in Konfliktgebieten und auf der Flucht gezielt Opfer sexualisierter Gewalt.

Es braucht ein entschlossenes Handeln gegen jede Form der Gewalt und die vollständige Umsetzung von Menschenrechtskonventionen wie der Istanbul-Konvention und der UN-Frauenrechtskonvention. 

Für Deutschland bedeutet das zum einen, vorhandene Maßnahmen, wie die Gewaltschutzstrategie und das Gewalthilfegesetz, verbindlich umzusetzen und ausreichend zu finanzieren. Zum anderen, Maßnahmen auszubauen im Bereich Präventions- und Täterarbeit, endlich verpflichtende Fortbildungen mit Fokus auf geschlechtsspezifischer Gewalt für alle beteiligten Professionen wie Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte, Lehrkräfte, Gesundheitswesen und Sozialarbeit einzuführen, Häusliche Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht ausreichend zu berücksichtigen und ein digitales Gewaltschutzgesetz unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Gewaltformen vorzulegen - um nur einige zu nennen. 

Aktuell wird vor allem die Fußfessel als ultimative Lösung diskutiert. Doch bevor die Justiz bei den Füßen ansetzt, sollte die Gesellschaft alles versucht haben, um Köpfe zu verändern. Sonst werden weiterhin zu viele Fälle häuslicher Gewalt nicht verhindert werden. 

Wir wollen außerdem besser verstehen und Muster erkennen. Deshalb brauchen wir ein umfassendes Monitoring für geschlechtsspezifische Gewalt. Basis müssten neben der Polizeistatistik auch anonymisierte Daten aus der Justiz bilden.

Wir dürfen nicht zulassen, dass Staaten, ohne Konsequenzen zu spüren, aus den Konventionen austreten können. Gewalt gegen Frauen ist ein Angriff auf unsere Freiheit, Sicherheit und Demokratie. Sie geht uns alle an.